Von Glückshaut, dickem Fell und goldenen Haaren – Marionetten bringen schauderhaftes Vergnügen

Marionettentheater Bille begeistert Fünftklässler im Giebelsaal der ASS/ Andreas Bille führt „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ der Gebrüder Grimm auf

Kein dickes Fell braucht man an der Albert-Schweitzer-Schule! Dort werden Schülerinnen und Schüler vielmehr mit einer Glückshaut ausgestattet. Und in diesen Genuss kamen die Fünftklässler des Gymnasiums am Freitag vor den Herbstferien. Dann nämlich wurde in der 3. und 4. Unterrichtsstunde im prächtigen Giebelsaal das Marionettentheaterstück „Der Teufel mit den drei goldenen Haaren“ der Gebrüder Grimm gespielt. In diesem Stück bringt eine arme Frau einen Jungen mit einer Glückhaut zur Welt. Dieses ungewöhnliche Körpermerkmal soll für den Jungen sicherstellen, dass sich in seinem Leben trotz aller Wirren, unheimlicher Vorfälle und hartherziger Könige schließlich alles zum Guten wenden werde. Da schauten die frischgebackenen ASSler doch gerne einmal zu!

Fernab von Unterricht und Klassenzimmer und endlich wieder nach einer langen Theaterzwangspause durch die Coronasituation durften die Schülerinnen und Schüler in eine mal unheimliche, noch häufiger lustige, vor allem aber fantastische Märchenwelt eintauchen, die vom Marionettentheater Bille geschaffen wurde. Und die Fünftklässler waren vom Marionettenspiel gefesselt, selbst solche, denen in ihrer Freizeit sonst kaum etwas über Handy oder Spielekonsole geht. Andreas Bille vom Marionettentheater Bille, der als Tourmanager, Theaterdirektor, Regisseur, Bühnenarbeiter, Beleuchter und Puppenspieler in Personalunion agiert, schaffte es wieder einmal buchstäblich spielerisch, die Illusion eines großen, lebendigen Marionettenensembles auf die eigens errichteten Bühne im Giebelsaal der ASS zu zaubern.
Vor den Augen der Kinder machte der Vorhang den Blick frei auf liebevoll gestaltete Bühnenbilder, die die Zuschauer mitnahmen von der ländlich-idyllischen Mühle zu mitleidigen Räubern im Wald bis hin zur Hölle und einem furchtbaren Teufel mit drei goldenen Haaren. Der Junge mit der Glückshaut gewann die Fünftklässler spielend für sich, und genau wie er fanden zahlreiche ebenso furchtlose Fünftklässler gar schreckliche Gestalten wie den König, der ihn töten will, wie auch den Teufel, dessen drei goldene Haare er zu seiner Rettung benötigt, eher höchst amüsant als angsteinflößend.  So war im sehr aufmerksamen Publikum nur selten ein Schreckensschrei zu hören, dafür umso häufiger lautes Lachen. Dazu trug nicht nur die fesselnde Handlung mit ihren überraschenden Wendungen bei, sondern auch der Wortwitz. Da schmeckt dann schon einmal der Kuss, den Peter natürlich schließlich – unter lauten Entsetzensschreien der Fünftklässler – von der Königstochter einheimst, wie „Vanillesoße-Senfsoße“. Dem König wird auch mal respektlos ein „Halt die Klappe“ entgegengeworfen und manches ehrwürdige Amt am Königshof, den Peter gefahrvoll aufsucht, wird umbenannt, so dass die Oberhofzeremonienmeisterin schnell zur Oberhofzementverkleisterin wird.
Im Anschluss an die Vorstellung lernten die Zuschauer Andreas Bille und dessen Marionetten Auge in Auge kennen. Sie hatten die Gelegenheit, dem Mann, der hinter dem Vorhang die Fäden zieht, Fragen zu stellen. Die Begeisterung, „hinter die Kulissen“ blicken zu dürfen, war ebenso groß wie der Wissensdurst der Kinder. Erstaunt lernten sie, dass der Puppenspieler Andreas Bille über 200 Puppen besitzt, von denen manche 200 Jahre alt sind. Beeindruckt zeigten sie sich auch von dem Hinweis, dass eine Puppe 3000 bis 3500 Euro kostet und Andreas Bille für jedes seiner Stücke zwei bis vier Wochen benötigt, um den Text zu verinnerlichen – bei diesem Stück immerhin 14 Seiten Text. Und diesen Text in der für die jeweilige Figur typischen verstellten Stimme vorzutragen. Beeindruckt zeigten sie sich auch, dass in der Familie Bille eine über 400 Jahre alte Puppenspielertradition gepflegt wird, zu der Andreas Bille bereits über 30 Jahre beigesteuert hat. 
Aber auch Andreas Bille freute sich sichtlich über so viel Interesse und Begeisterung der jungen Gymnasiasten, und so viel steht fest: Auch im nächsten Jahr heißt es für die neuen fünften Klassen an der ASS wieder „Bühne frei für Bille“, dem ‚Strippenzieher‘ vieler köstlicher Bühnenereignisse.

Ende gut, alles gut also? „Mir hat besonders die Stimme von Peter gefallen“, sagt Zahida aus der 5b. „Ich fand die Hölle am besten“, ruft ihr Klassenkamerad Sjard. Und Lia, ebenfalls 5b, zieht die Bilanz: „Mir hat einfach alles gefallen.“ So wendet sich alles wirklich zum Guten – dank der Glückshaut, die sich heute alle Zuschauer einmal überziehen durften. Ein dickes Fell war da gar nicht nötig.    

Vh

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