Streich-Quartett aus Las Cruces verwandelt ASS in Musikhochschule und Philharmonie
The Las Cruces String Quartet zu Gast an der ASS
Vielfach ausgezeichnete und Grammy-prämierte Musiker begeistern Schülerinnen und Schüler mit Konzerten und Workshop
Die Schläge erfolgen in hohem Tempo. Drei pro Takt? Oder 6/8-Takt? Beschwingt. Dabei stakkatoartig: Melodie, Rhythmus, Bewegung. Weitausgreifendes Schreiten eiliger Menschen in der Halle wird mit einem Mal hier und da zu einem Steppen im Takt der Streichmusik, die Blicke der Musiker gleiten im Schwung über Notenblätter, die der zahlreichen Umstehenden suchen einmal nicht die Buchstaben- und Zahlenfolgen auf dem großen Bildschirm mit dem Vertretungsplan an der Decke, die üblicherweise den Takt des Tages vorgeben, sondern sind wie gebannt auf die Mitte der lichtdurchfluteten Halle gerichtet, auf wiegende Oberkörper, auf die fliegenden Bögen über den Saiten von Violine, Viola und Cello, und es ist nur deren Takt allein, der heute die Zeit gliedert und dem Chaos der Eingangshalle musikalische Form gibt.
Ort des Geschehens ist nicht die Elbphilharmonie und auch nicht das berühmte New Yorker Konservatorium Juilliard School. Und doch sind es herausragende Musiker und sogar Grammy-Preisträger, die an diesem Dienstag, dem 22.08.2023, den Takt am Gymnasium Albert-Schweitzer-Schule vorgeben und dieses und selbst dessen Pausenhalle in eine Art Meerbach-Philharmonie verwandeln. Grund ist der Besuch des Ensembles The Las Cruces String Quartet der New Mexico State University, bestehend aus Daniel Vega-Albela (Violine), Fernando Rodríguez Fernández (Violine), Jorge Martinez-Rios (Viola) und der Cellistin Emma Alvarez de la Rosa. Anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der Städtepartnerschaft zwischen Nienburg und Las Cruces verbringt das Quartett zusammen mit einer größeren Besuchergruppe eine Woche in Deutschland. Und nach einem sonntäglichen Konzert im Giebelsaal der Albert-Schweitzer-Schule war das Ensemble an diesem Dienstag wiederum zu Gast an der 1525 gegründeten Schule.
Auf dem Programm stand zunächst natürlich die feierliche Begrüßung durch Schulleiter Dr. Sebastian Wegener im Giebelsaal der Schule. Gleich darauf stand in der 3. und 4. Unterrichtsstunde ein Gesprächskonzert inclusive einer Besprechung der Stücke im Giebelsaal auf dem Plan. Dieses richtete sich an die Klassen 10d und 11d, den neben ASSlern auch MDG-Schüler aufweisenden Musik-LK der ASS sowie an interessierte Schüler der Musikgrundkurse des Jahrgangs 13 der ASS. Musiklehrerin Christina Hinzmann-Suckel hob hervor, dass die Atmosphäre dabei sehr angenehm gewesen sei und die Schüler aufmerksam gelauscht und interessiert Fragen gestellt und fundierte Anmerkungen auf bemerkenswert hohem Niveau gemacht hätten. „Die Moderation war sehr ansprechend und witzig und beinhaltete sowohl Informationen über die ‘Geschichte’ mancher Werke, über den kulturellen Hintergrund als auch über die Komponisten. Verschiedene Spieltechniken, die zur Anwendung kamen, wurden mit praktischen Beispielen vorgeführt und erklärt und mit humorvollen Bemerkungen angereichert“, freute sich Hinzmann-Suckel.
Auch für die anwesenden Schülerinnen und Schüler war das Konzert eindrucksvoll. Die Klasse 10d war des Lobes voll, empfand die Spieltechniken hochinteressant, die Erklärungen zu den Stücken wie Astor Piazollas Verano Potzuo, Javier Arias’ Souralia op.3, Manuel M. Ponces Sonata a Duo oder J.P. Moncayos Huapango so nachvollziehbar, dass man sich in die Stücke habe hineinversetzen können. „Überraschend fanden wir die plötzlichen Schreie im Stück Huapango“, so Lotta Reinfeld. Die Klasse 11d hob anerkennend die „Kommunikation innerhalb der Gruppe“ hervor, überhaupt, Rückfragen an die Musiker stellen zu können – und dazu noch auf Englisch. „Sehr cool“, „Noch nie erlebt“, „Spannend, was man alles für Töne aus so einem Instrument rausholen kann“ – Rückmeldungen wie diese zeigen, wie faszinierend der Auftritt des Streichquartetts auf die Schüler wirkte. Luise Püschel aus der 11d bringt es auf den Punkt: „Das Konzert war überwältigend, es war schön, dass die Musiker uns mit eingebunden und uns die Möglichkeit gegeben haben, Fragen zu stellen. Sie haben uns mit auf eine kulturelle Reise genommen und nicht nur mexikanische und spanische Musik gespielt, sondern viel dazu erklärt und veranschaulichend dargestellt. Es war aufregend, so ein Konzert mitzuerleben!“
In der 2. großen Pause folgte dann das eben beschriebene Pausenkonzert u.a. mit dem mexikanisch-mariachiartigen Stück Huapango, den Abschluss wiederum bildete ein Streicher-Workshop in der 5. und 6. Stunde für Schülerinnen und Schüler der ASS und der Musikschule, die im fortgeschrittenen Stadium ein Streichinstrument spielen. Von Anspannung, Distanz und lähmender Ehrfurcht war hier nichts zu sehen, statt auf rotem Teppich und mit Glamour traten die Profimusiker erstaunlich entspannt und absolut zugänglich auf. Bemerkenswert angesichts der vielen internationalen Auftritte der Musiker in den berühmten Konzertsälen dieser Welt wie der Carnegie Hall in New York, der zahlreichen Preise – Daniel Vego-Albela etwa wurde mit dem Latin-Grammy Award für die beste klassische Aufnahme ausgezeichnet, Jorge Martinez-Rios ist Grammy-Preisträger – und der beeindruckenden auch musikwissenschaftlichen Kompetenz, von der Professoren- oder Master- und baldige Doktorentitel zeugen. „Ein sehr wertschätzender Umgang mit allen Teilnehmern“, unterstreicht Musiklehrerin Antje-Falldorf-Podehl. Unter der Leitung von Jorge Martinez-Rios spielen dann acht Streicher und drei Bläser mit den Profis zusammen. „Die Profis verstärken also das Ensemble, ziehen die jungen Musiker mit, setzen Impulse und können aber auch individuell in den Stimmgruppen, wie der Cellogruppe, korrigieren, vorspielen und motivieren“, beobachtete Falldorf-Podehl. Und fügt hinzu: „Erstaunlich, wie sich in kurzer Zeit die Gruppe musikalisch zu einer Einheit schloss und auf allen Ebenen – sei es Ausdruck, Intonation oder Rhythmik – offensichtliche Fortschritte machte.“ Auch die ebenfalls Konzert oder Workshop beiwohnenden Musiklehrerinnen Elisabeth Vogels, Wibke Pohlmann, Diemut Eickhoff sowie Musiklehrer Thomas Boettger (ASS) und Simone Consbruch von der Musikschule Nienburg sind beeindruckt vom Konzert oder aber vom Zusammenwirken der Profis und Amateure im Workshop, das von großer Spielfreude geprägt ist und sicher ein absolutes Highlight für die jungen Musiker darstellen dürfte.
Ein großes Dankeschön geht hiermit an das Las Cruces String Quartet – dessen Gastspiel ein unvergesslicher Genuss war und dem ein riesiger Applaus der Albert-Schweitzer-Schule gilt, der es auch mit dem in großen Konzertsälen aufnehmen kann. Anerkennung gilt auch der Musikfachgruppe der Albert-Schweitzer-Schule, die mit erstaunlichem Engagement immer wieder mit denkwürdigen Events und Konzertveranstaltungen musikalische Beschwingtheit in das Schulleben der Albert-Schweitzer-Schule zaubert. Auf dass Schülerinnen und Schüler eben nicht nur in Eile Hallen und Flure durchschreiten oder gehetzten Schrittes passieren, sondern bisweilen tänzelnd oder im Takt steppend!
Vh