Mit Musik kann ich experimentieren und durch eine Welt gehen, die ich nicht kenne

„Mit Musik kann ich experimentieren und durch eine Welt gehen, die ich nicht kenne“

Malte Thomsik aus der Jahrgangsstufe 12 krönt mit Eigenkompositionen Musiklaufbahn an der ASS/ Gesprächsausflug in musikalische Welten

Malte Thomsik aus der Jahrgangsstufe 12

Es ist der Abschluss einer Reise. Und während Weitgereiste am Ziel ihre müden Füße reiben und Souvenirs aus fernen Welten auspacken, wirkt der Weltenbummler, den wir auf den Fluren der Albert-Schweitzer-Schule treffen, belebt und erfrischt. Seine beiden Mitbringsel sorgen an der Schule für große Freude – und sind Anlass für das folgende Interview. Malte Thomsik, unser Reisender, ist nämlich kein gewöhnlicher Weltenbummler, sondern ein Musikbegeisterter, der zum Abschluss seines musikalischen ‚Weges‘ an der ASS zwei eigene Musikkompositionen entworfen hat – inspiriert von der Thematik in seinem Oberstufenkurs Musik im Jahrgang 12. Zusammen mit Frau Christina Hinzmann-Suckel, seiner Musiklehrerin, führen wir dieses Interview.

Frau Hinzmann-Suckel, Malte Thomsik ist einer Ihrer Schüler im Musikkurs. Können Sie ihn uns kurz vorstellen?

Malte Thomsik hat eine kleine Musik‘karriere‘ an der ASS hinter sich. Er begann in Klasse 5 in der Bläsergruppe mit dem Saxophon und blieb dabei, wobei er mittlerweile vom Altsaxophon auf das Tenorsaxophon umgestiegen ist bzw. sein Instrument ,erweitert‘ hat. Malte spielt in der Bläser-AG bei Musiklehrerin Elisabeth Vogels. Über die Schule hinaus ist er Mitglied in einem Blas- und Swing-Orchester und in einer Band. Obwohl er beruflich wohl eher in den naturwissenschaftlichen Bereich strebt, ist er ein begabter Komponist, der Musik als Hobby betreibt.

Hallo Malte. Bevor wir zu deinen Kompositionen kommen, möchten wir dich als Person und Musiker etwas näher kennenlernen. Wir haben gerade von deiner Musikkarriere an der ASS und außerhalb erfahren. Du bringst aber offensichtlich eine grundsätzliche Begabung für Musik mit. Liegt das in der Familie?

Ganz und gar nicht. Ich bin der erste in der Familie, der ein Instrument begonnen hat. Die Bläsergruppe hat mich zur ASS gebracht. Man kann also sagen:  Mit Frau Suckel als meiner Leiterin der Bläsergruppe fing die Musik an der Schule an, mit dem Musikkurs bei Frau Suckel nimmt Musik schulischerseits jetzt auch ihr Ende. Die Albert-Schweitzer-Schule mit ihrer Bläsergruppe und der ganzen Musikausrichtung fand ich sehr inspirierend.

Dabei wird bisweilen aus politischer und wirtschaftlicher Richtung ja geäußert, Musik als Unterrichtsfach sei weniger wichtig, da es in der Berufswelt und wirtschaftlich weniger verwertbar sei. Und du gehst ja auch beruflich eher in die naturwissenschaftliche Richtung.

Das ist zu einseitig. Die Musik an sich, also, da kann man etwas machen, was unbegrenzt ist. Sie übt diesen unglaublichen Reiz aus. Musik ist ein wichtiges Kulturgut und erfüllt auch einen ,touristischen’ Zweck: Ich kann mit mir selbst experimentieren, durch eine Welt gehen, die ich nicht kenne.

Und diese Welten beschreitest du ja nicht nur allein, sondern du musizierst auch mit anderen?

Ja. Ich spiele in einer Band und im Konzert- und Swing-Orchester. Mit der Band spiele ich in verschiedenen Besetzungen auf der Straße, das heißt mit Sängerin, Klavier, Bass, Gitarre, Saxophon und Trompete.

Wie reagieren die Menschen auf diese oft ja unerwarteten Musikdarbietungen?

Die Reaktionen sind unterschiedlich. Es wird gefilmt, viele bleiben stehen. Es ist gerade Popmusik, die die Leute anspricht.

Offenbar triffst du einen Nerv. Vielleicht gibt es da ein grundlegendes musikalisches Bedürfnis bei den Menschen. Persönlich probierst du ja vielerlei aus, kann man das so sagen?

Ja, da sind einige Instrumente. Zurzeit spiele ich Saxophon und Klavier, Saxophon seit der Bläsergruppe in Klasse 5. Außerdem mache ich Kompositionen für Videospiele. Und ich stelle musikalische Kompositionen ins Netz. Aber nicht kommerziell. Ich biete im Internet kostenlos von mir arrangierte Stücke an, also bekannte Stücke, die ich für bestimmte Instrumente umgeschrieben habe. Andere Kompositionen aber behalte ich für mich persönlich.

Und wie ist es mit dir als Musikhörer? Da gibt es sicher Vorlieben und Abneigungen. Gibt es Lieder im Radio, bei denen du lieber wegschaltest?

Ich höre kein Radio.

Interessant. Versuchen wir es anders: Wenn dir Musik die Flucht in andere Welten ermöglicht, sozusagen als Eskapismus, welche Stücke würdest du auswählen?

Sicher die „Mondscheinsonate“ von Beethoven, 1. Satz. Und Debussy, Cello-Sonate d-Moll, 2. Satz.

Nicht zu vergessen „Lovers’ Oath“ von yu-Peng Chen.

Du spielst in wechselnden Besetzungen. Hier kannst du dir einmal einen Traum erfüllen. Mit welchen Musikern, lebend oder verstorben und wiederbelebt, würdest du gern einmal spielen?

Also, mit Beethoven, wenn er nicht taub wäre. Ebenfalls erste Wahl: Jo Hisaishi, der wohl bekannteste Filmmusikkomponist aus Japan, bekannt durch die Ghibli-Filme. Durch Harmonien weckt er nostalgische Gefühle, das ist ein großer emotionaler Wert, weg von allerlei Ordnung. Hat viele erste Preise gewonnen.

Wir hören, dass du ein begeisterter Musiker bist – und Komponist. Und nun hast du zwei Stücke komponiert, die auf der Homepage der Schule – www.ass-nienburg.de – angehört werden können. Wie bist du denn zum Komponieren gekommen?

 Alles begann mit einer Online-Suche nach kostenlosen Noten. Dabei stieß ich auf MuseScore (ein visuelles Notensatzprogramm, das die Wiedergabe eingegebener Noten und den Import und Export in zahlreiche Dateiformate gestattet; Anm. d. Redaktion).  Da kann ich mich kreativ austoben. Insofern habe ich ohne musiktheoretisches Wissen angefangen. Ende 2020 entstand mein erstes Stück, aus jetziger Sicht klingt es sehr bescheiden.

Woher nimmst du die Ideen für Deine Kompositionen?

Ich lasse mich inspirieren. Ich liebe Rachmaninoff, den russischen Pianisten, Komponisten und Dirigenten. Aber meine Liebe gilt auch der japanischen Richtung. Ich bin insgesamt nicht festgelegt, mag Musik ganz traditionell oder auch modern, also JazzIch mag Ungewisses, Unbekanntes. Oder auch einen neuen Geschmack, an den man sich gewöhnen muss.

Wie läuft der ‚Schaffensprozess‘ bei dir ab?

Eigentlich gibt es da einen Grundsatz: Bei einer Inspiration muss ich immer weitermachen, sonst bleibt ein Stück meist unvollendet. Hauptstücke sind dann oft innerhalb weniger Tage fertig.

Zu den vorliegenden Stücken. Kannst du sagen, was genau dich inspiriert hat bzw. wie du vorgegangen bist?

Hier hakt Frau Hinzmann-Suckel ein: Das Semesterthema lautet “Vom Impressionismus zum Expressionismus” und behandelte natürlich historische Hintergründe und wichtige Komponisten und Werke der Zeit. Zum Impressionismus gehören als wichtigste Vertreter Claude Debussy und Maurice Ravel, mit denen wir uns beschäftigt haben.

Im Expressionismus haben wir unter anderem Schönbergs und Kandinskys Ideen zur “Ästhetik des Expressionismus” kennengelernt und schließlich aus Schönbergs “6 kleine(n) Klavierstücke” op. 19 das zweite Stück analysiert. Da sich Schönberg hier bereits der Dodekaphonie (12-Ton-Musik) zugewendet hat – die eigentlich nicht mehr zum Expressionismus gehört-, war zunächst der Ausgangspunkt eine Analyse, die dann zu einem Kompositionsversuch ‚Im Rhythmus von Anton Webern’, einem Schüler Schönbergs, führte. Hier sollten die Schüler selbst eine 12-Ton-Komposition erstellen. 

Malte ergänzt: Ja, und aus einer Aufgabe zum Wiener Komponisten Schönberg habe ich ein ‚Muster’ entwickelt, daraus ist dann das Stück entstanden. Man sieht in den Noten einen Ton, der in jedem Takt vorkommt. Und was das impressionistische Stück angeht: Da habe ich mich durch die Vorliebe meiner Mutter inspirieren lassen und durch ein Stück Maurice Ravels, nämlich „une bargue sur locéan“.

Wir danken dir für dieses Interview und wünschen dir alles Gute – und eine eindrucksvolle Reise in noch viele weitere musikalische Welten, die du noch nicht kennst. Denn die beiden musikalischen Mitbringsel für die ASS markieren sicher nicht das Ende der Reise. Sondern nur einen Zwischenstopp einer Etappe deiner persönlichen musikalischen Weltreise.

Eine kleiner Auswahl sehr beeindruckender musikalischer Experimente finden Sie hier:

Sweet Rain von Malte Thomsik – Noten als PDF

Zwei kleine Klavierstücke von Malte Thomsik – Noten als PDF

Das Interview führten Christina Hinzmann-Suckel und Thomas Volkhausen

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