Jungen Künstlern und Musikern fliegen die Herzen des Publikums zu im Giebelsaal der ASS

Albert-Schweitzer-Schule veranstaltet wieder Musik- und Kulturabend/ Ob Händel oder The Doors, Beethoven oder Adele: Musikalische und dichterische Töne erobern Festsaal der Schule zurück/

Ruhig war es in den vergangenen drei Jahren geworden im und um den Giebelsaal der Albert-Schweitzer-Schule. Man bewegte sich vorsichtig. Ab und an gedämpfte Laute hinter Masken oder das typisch gewordene Zischgeräusch eines Desinfektionsfläschchens. Gelegentlich ein leichter Luftstrom, der Staubpartikel in Bewegung brachte, die zu einem kurzen, lustlosen Tanz im fahlen Licht ansetzten, das durch die für die Lüftungspause geöffneten Fenster drang. Die Bühne: leer. Der Flügel: geschlossen, abgedeckt. Die Lüster: ohne Lichterglanz.

Donnerstag, 16. März 2023. Bumm-bumm, bamm-bamm, bumm. Schlagstöcke wirbeln durch die Luft. Klanggewalten dringen auf unzählige Köpfe ein, füllen die Ohren. ‚Thrown into this world‘, ‚Riders on the storm.‘ Auf der Bühne ein Schlagzeuggott. Lange Haare wirbeln, Arme wedeln, Stöcke fliegen, die Verbeugung eine einzige Ekstase. Mischa Brodowski (5D) wählte für seine Schlagzeuginterpretation von >Riders on the Storm< der Gruppe The Doors den stürmischen Abgang. Passenderweise! Ruhe, Stille? Vorbei! Staubige Museumsatmosphäre? Nicht hier! Nicht mehr! Denn dieser trommelnde Auftritt passte nicht nur zum Stück, sondern zu einem erfrischenden, lebendigen, mitreißenden Event, das hier im schönen Giebelsaal der Albert-Schweitzer-Schule endlich wieder stattfinden durfte: Der Musik- und Kulturabend. Mischas Abgang? Ein Auftakt!! Und was für einer!

Eingeladen hatte die Fachgruppe Musik der ASS. Gekommen waren rund hundert Zuschauerinnen und Zuschauer.  Zu sehen und – besser noch! – zu hören waren in der Regel selbst gewählte Lieder und Kompositionen sowie eigens gestaltete kleine Hörspielszenen oder Poetry-Slam-Einlagen. Zu bewundern waren die Begabungen künstlerisch und musisch interessierter Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums, die die sich nach 2019 endlich wieder bietende Gelegenheit ergriffen, ihre breit gefächerten Talente unter Beweis zu stellen und ein wenig vom vielfältigen Schulleben an der ASS in die Öffentlichkeit zu tragen.

Den Anfang machte dabei nicht einmal Mischa, sondern die Bellplates-AG unter der Leitung von Dr. Diemut Eickhoff. Ein Großteil der Zuhörer lauschte mit Spannung den Tönen, denn eine Bellplates-Darbietung ist für manche noch ungewöhnlich. Was deshalb eine Erklärung sinnvoll machen würde. Die auch prompt geliefert wurde. Hätten Sie‘s gewusst: Die Bellplates werden ähnlich wie Handglocken angeschlagen, ihr Klang ist aber heller. An der ASS wurden im Herbst 2016 drei chromatische Bellplates-Sätze angeschafft, mit denen im Klassenmusikunterricht Melodien und einfache Begleitungen, im AG-Bereich wie beim Bellplates-Ensemble aber auch anspruchsvollere Arrangements einstudiert werden können. Aha, so, so. Zu theoretisch? Dem konnte im Giebelsaal nachgeholfen werden, denn hier wurden – wir sind ja in einer Schule mit pädagogischem Anspruch! – Töne eigens für das Publikum einzeln angeschlagen. Und das gleich mehrfach, wobei auf die letzte Ankündigung von Dr. Eickhoff Stille einsetzte – und anhielt. Ein besonders leises, trommelfellschonendes Instrument? Nein, bloß ein Musiker, der seinen Einsatz verpasste und beim Publikum für Schmunzeln sorgte. Ja, steril und unpersönlich ging es an diesem Abend nicht zu, sondern ehrlich, individuell und dabei einnehmend charmant. Und bei den Stücken, die die Bellplates-AG darbot – sei es >Sesame Street-Theme<, >Colors of the Wind< oder auch >Clocks< – verpasste niemand der jungen Musiker seinen Einsatz. Oder aber es wurde so gut überspielt, dass allein dies einen Sonderpreis wert wäre.

Wo wir schon beim Sonderpreis sind: Sicherlich preisverdächtig machten sich die Moderatoren. Gleich drei wurden aufgeboten. Naja, klar, war ja auch eine Menge Kultur, die hier zu stemmen war. Mit Colja Busch (11E), Frida-Lotte Beck (11E) und Luise Püschel (11D) bekam Kunst und Kultur gleichwohl eine Leichtigkeit, die mit Humor, Charme und kleinen Hintergrundinformationshäppchen verziert wurde. Und stellenweise mit vergnüglichem Sprachwitz. Etwa, als Luise Püschel sich zum Schluss an die verantwortlichen Musiklehrerinnen Dr. Diemut Eickhoff und Elisabeth Vogels wandte und diese für Proben inclusive Bellplates- bzw. Bläserfreizeit würdigte: „Danke, dass wir Stücke spielen durften, die wir noch nicht kannten  – oder konnten.“ Garniert – das sei nicht verschwiegen – wurden so einige Anmoderationen nicht nur mit kundigem Wissen zu Stücken und Komponisten: Während die Musiker und Sänger ihre Stücke mit erstaunlichem Talent interpretierten, wetteiferte die Anmoderation bisweilen kühn mit den Musikern in der Interpretation englischer oder französischer Komponisten- und Songwriternamen, denen eine bemerkenswert individuelle Note verliehen wurde. So ist das eben, live und ohne Playback. Wir waren ja nicht Zeugen einer Schlagerparade, und von den Moderatoren ist auch nicht bekannt, dass sie in der Freizeit noch zusätzliche Auftritte als Schiffskapitäne von Kreuzfahrtkähnen absolvieren. Und doch: Mit dem zweiten hört man besser – denn die Beiträge der jungen Talente waren zu schade für nur ein Ohr.

Nach Mischa Brodowskis Schlagstockereignis folgte nämlich am Klavier Lorin Eyyüpoglu (7E) mit Georg Friedrich Händels >Fantasia< mit den feinen Tönen, bevor Noah Rust (10D) mit seiner Posaune das >Star Wars<-Thema anstimmte, den mitreißenden Kampf zwischen Gut und Böse, wobei er an einzelnen Stellen durch leichte Tonversetzungen absichtsvoll anklingen ließ: Das Imperium schlägt zurück. Und doch: Das Gute gewann natürlich über das Böse – sein Auftritt erhielt mit den größten Applaus.

Tosend war dieser – sogar Standing Ovations wurden beobachtet – bei Tobias Jentsch, der, am Klavier begleitet von Christina Hinzmann-Suckel, >Skyfall< von Adele am Cello künstlerisch absolut hochwertig und ausdrucksstark darbot. Jentsch ist kein Unbekannter, er absolviert schon mal D-Prüfungen in Musikschulen oder kann noch ganz andere Saiten aufziehen. An der Gitarre, zum Beispiel. Ein Instrument ist ihm wohl zu wenig. Und auch Frau Hinzmann-Suckel füllt offenbar die musikalische Leitung nicht aus, weswegen noch Klavierbegleitung und Tontechnik – vertretungsweise für Musiklehrer Thomas Boettger – ihrer Stellenbeschreibung an diesem Abend zugefügt wurden. In der Politik wäre das ein Super-Ministerium.

Zurück zur den jungen Künstlern: Lea Ohlschläger (7E) löste am Klavier mit Ludwig van Beethovens Sonate op. 49, Nr.1, 1. Satz anerkennendes Nicken bei den Zuhörern aus, Colja Busch (11E) steigerte das Nicken zu ‚Headbanging‘, als er mit einer Improvisation verdeutlichte, dass Schlagzeug nicht nur ‚knall‘ und ‚bumm‘ ist. Ob das tatsächlich immer so ist, wissen wir nicht, denn Nachbarn und damit Ohrenzeugen häuslichen Übens gaben sich im Giebelsaal nicht zu erkennen. Außerdem wohnt man ländlich. Im Saal war das jedenfalls überzeugend, gerne mehr davon – vielleicht ist ja sogar das Nachbargrundstück in Ohrenzeugennähe noch zu haben? Zwischendurch kam noch die Zeit für Poesie. Lorena Duensing, Lena Krause und Alyssa Schneider hatten im Deutschunterricht bei Fr. Eggers in Kooperation mit dem Musikunterricht bei Fr. Dr. Eickhoff >Der Erlkönig< vertont. Verdammt, von wem war das noch? Ach ja, von diesem Goethe. Gut, ihre Anmoderation ließ nicht nur den Sohn, sondern den Vater gleich mit dem Erlkönig und Tod in die Augen blicken. Am Ende war das egal, das Kind tot, dazwischen aber eine wundervolle Hörspielvertonung der Ballade, die man an ‚Europa’ oder ein anderes Hörspiel-Label schicken und damit so manche Kinder und erwachsene Hörspielfans glücklich machen könnte. Und dann hieß es auf einmal: ‚Ich bin’s nur, der…‘. Nein, nur Nuhr war es nicht, auch nicht Lisa Eckhart, sondern Constanze Volger (Jg. 13), die in Stand-up-Manier launige Selbstbetrachtungen zum besten gab. Das war schon sehr gekonnt, sehr professionell, eintrittsgeldverdächtig. Hier wünscht man sich wirklich nach dem Abi eine Vortragsreise durch die gesamte Republik – ein naturwissenschaftliches Studium läuft ja nicht weg.

Karl-Friedrich Scheel (8D) nahm das Publikum mit seinem Horn auf eine Reise, nämlich mit Pascal Prousts >Der Reisende<. Und auf eine Reise macht man sich nicht allein, also kam als Klavierbegleitung noch Musiklehrerin Elisabeth Vogels mit, die aber rechtzeitig zu ihrer Bläser-AG zurückkehrte – herrje, ein weiteres Super-Ministerium, ein Aufgabenreichtum war das hier an diesem Abend! Und warum in der Ferne weilen, wenn das Gute ist so nah: Highlights aus >Frozen< (Die Eiskönigin), arrangiert von Sean O ́Loughlin, dann der erste Teil von >The magic of Harry Potter<, (arr. Michael Story), dann – eigentlich ist es März – >September< von Earth, Wind and Fire, was aber jahreszeitlich egal ist, denn bei der Band ging es um die anstehende Geburt eines Kindes, im Giebelsaal mit der Bläser-AG um die Wiedergeburt vom Musik-und Kulturabend, reloaded, sozusagen. Zuletzt dann >Happy< von Pharell Williams, arrangiert von Michael Sweeney. Hier muss man auch Jahreszeit und Moment nicht erklären – es passte einfach, zu diesem Abend, zu diesen jungen Talenten, zu einer tollen Stimmung bei Interpreten und Publikum. Am Schluss gab es neben kulinarischen Köstlichkeiten durch den Jahrgang 12 Blumensträuße für Fr. Dr. Eickhoff, Fr. Vogels und Fr. Hinzmann-Suckel, aber auch für die Moderatoren sowie für Clara Lindemann (Jg. 13), die es sich trotz Abistresses nicht hatte nehmen lassen, ihre Musikkarriere an der ASS – seit der 5. Klasse bereichert sie virtuos Chor- und Bläser-AG – an diesem Abend fortzusetzen und zu krönen. Der rauschende Applaus beschloss den Festabend – und lässt manches Herz in Vorfreude auf weitere Musik- und Kulturevents höher schlagen!       

Vh

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