Indien–Abend an der Albert-Schweitzer-Schule
ASS-Schüler berichten von ihrer Austauschfahrt ins indische Neerpair.
Schon von weitem duftete es am Nikolausabend verführerisch nach Linsendahl, Papadams und Hühnchencurry, als die ENSA-Projekt-Reisegruppe der Albert-Schweitzer-Schule und der Verein Arivu zur Nachlese ihres Indienaufenthalts geladen hatten. Und viele Gäste waren der ungewöhnlichen Einladung in das Gebäude der ASS am Nordertorstriftweg gefolgt.
Zum dritten Mal war im Herbst dieses Jahres eine Gruppe von 33 interessierten Schülerinnen, Schülern, Lehrern und Eltern ins südindische Neerpair gefahren, um die vom Verein und der ASS geförderte indische Partnerschule zu besuchen. Denn seit 2005 werden die „Arulappa Higher Secondary School“ und das angeschlossene Wohnheim „St. John’s Home for Children in Need“ durch Arivu, die Indien AG der ASS und durch viele private Spenden und Initiativen von Schülern, Eltern und Lehrern unterstützt.
So erhalten (Halb-) Waisen und Kinder aus extrem armen Familien Schulkleidung, Unterrichtsmaterialien, Nahrung und eine medizinische Basisversorgung. Darüber hinaus findet ein Austauschprogramm zwischen beiden Schulen statt. So war bei vielen Schülerinnen und Schülern die Freude groß, als sie ihre indischen Freunde, die im Jahr 2011 Nienburg besucht hatten, wiedertrafen. „Es ist ein großer Unterschied zwischen dem Leben in Deutschland und dem in Indien, aber man merkt bald, dass es ganz gut möglich ist, ohne unsere gewohnten Konsumartikel auszukommen“, sagte Cornelia Witt (17) über ihren Indienaufenthalt. Auch Lukas Thielemann (18) war von der Fahrt begeistert: „Wo sonst gewinnt man in so kurzer Zeit derartig tiefe Eindrücke von einer fremden Kultur und schließt Freundschaften mit Menschen, denen man sonst nie begegnet wäre.“ „Auch wenn die Fahrt anstrengend war, solche Eindrücke vom authentischen Leben in Indien gewinnt man nicht auf einer Pauschalreise. Ich werde wohl noch meinen Enkelkindern von der Fahrt erzählen“, merkte Donate Wagner (17) begeistert an und dankte den Organisatoren der Reise. Die Fahrtkosten für die Jugendlichen wurden von den Eltern und von dem entwicklungspolitischen Schulaustauschprogramm des Bundes, ENSA, übernommen, das den Austausch zwischen Schülerinnen und Schülern aus Deutschland und Ländern in Afrika, Asien, Lateinamerika und Südosteuropa fördert. „Es wurden natürlich keine Spendengelder, die für die indischen Partner bestimmt waren, für die Reise verwendet“, betonte Andrea Schulte in den Bäumen, Lehrerin an der ASS und Kassenwartin des Vereins Arivu. Die Reise sei ein reines Privatvergnügen gewesen, allerdings erhoffe man sich durch die Austauschfahrten ein wachsendes Bewusstsein für die Schwierigkeiten und Chancen an unserer Partnerschule, betont Hildegard Munk, Lehrerin an der ASS und Vorsitzende des Vereins. Die Teilnehmer unserer Reise wirkten praktisch als Multiplikatoren. Gleichzeitig bestehe die Möglichkeit, sich vor Ort von der zweckmäßigen Verwendung der Spendengelder zu überzeugen. Und überzeugen konnten auch die Indienfahrer durch die Zubereitung authentischer indischer Köstlichkeiten, die nach Originalrezepten und zum Teil sogar mit Originalzutaten in der Cafeteria der Schule gekocht, serviert und mit großem Appetit verkostet wurden. In der Pausenhalle wurde derweil ein indischer Basar eröffnet. Die Reisegruppe hatte zuvor in Neerpair landestypische Produkte eingekauft, die den Besuchern bei dieser Gelegenheit angeboten wurden. Neben Seidentüchern, Schals, Schnitzereien aus Speckstein und Holz, Fingerringen, Ohrringen, Armreifen und anderen Schmuckstücken, wurden auch Tees und Gewürze zu günstigen Preisen angeboten und fanden reißenden Absatz. Die Einnahmen kommen wiederum dem Indien-Projekt zugute. Vieles, was die Reisenden bei ihrem Besuch gelernt hatten, wurde an diesem Abend in die Tat umgesetzt. Wer mutig war, konnte sich zum Beispiel mit einem temporären Henna Tattoo schmücken lassen, das, so wurde glaubhaft versichert, nach ungefähr zwei Wochen verblassen sollte. Die Wände der Pausenhalle dienten als Ausstellungsfläche. Die Schüler hatten weite Teile ihrer Reise mit Texten und Bildern dokumentiert und gaben den Gästen einen lebendigen Eindruck von den Erlebnissen auf dem Subkontinent. Nach der offiziellen Begrüßung durch Herrn Dr. Weghöft und Frau Munk, zeigten die Schülerinnen und Schüler Fotos von der Fahrt und berichteten anschaulich, wie die deutsche Gruppe mit der indischen zusammengewachsen sei. Highlight des Abends war jedoch die filmische Dokumentation der Arbeit an der indischen Schule: Gemeinsam mit der Partnergruppe von der Dr. Arulappa, Hr. Sec. School Neerpair wurde an dem Projekt „Wasser als Menschenrecht – wie viel Wasser steht mir zu?“ gearbeitet. Alle Teilnehmer zeigten sich von den Auswirkungen beeindruckt, die das europäische Konsumverhalten auf das Leben der Menschen in Indien hat. „Jeder Deutsche hat einen täglichen Wasser-Fußabdruck von 5288 Litern, obwohl wir das Gefühl haben, erheblich weniger zu verbrauchen. Wir reparieren tropfende Wasserhähne und bauen Durchfluss-Begrenzer für unsere Duschen ein“, erklärt Lukas Thielemann. Der hohe Wasserverbrauch liege jedoch an unserem Konsumverhalten, denn zur Herstellung von Lebensmitteln, Kleidung und elektronischen Geräten werde sehr viel Wasser verbraucht oder verschmutzt. Und produziert werde hauptsächlich in Ländern wie z.B. Indien, in denen das Wasser oft sowieso schon knapp sei.
Die Besucher dankten für die ausführlichen Informationen und die in jeder Hinsicht gelungene Veranstaltung, die fröhlich und nachdenklich zugleich machte, mit einem lang anhaltenden Applaus, denn an diesem Abend wehte ein Hauch von Indien durch die Aula der Albert-Schweitzer-Schule.