75 Jahre Albert-Schweitzer-Schule: Sechstklässler veranstalten Albert-Schweitzer-Tage im Jubiläumsjahr

Günsbach im Elsass, etwa 1882. Ein scheinbar normaler Schultag beginnt. „Aha, meine neue Klasse. Und wer bist du?“ – „Albert Schweitzer, Frau Lehrerin.“ „Schweizer? Kommst du etwa aus der Schweiz?“ Gelächter im Klassenraum. Nein, nicht 1882, sondern am 30. Januar 2024, und wir befinden uns nicht in Günsbach, sondern in Nienburg an einer Schule, die seit 75 Jahren den Namen eines Mannes trägt, dessen ganz und gar nicht normales, schon gar nicht gewöhnlich bürgerliches Leben bereits in dieser kleinen Szene erahnbar ist. Dürfen wir vorstellen? – Albert Schweitzer, Theologe, Arzt, Musiker, Philosoph, Forscher, Menschenfreund – und ein Mann, der fest entschlossen war, nach dem 30. Geburtstag seine bürgerliche Existenz als Gelehrter aufzugeben und den Menschen zu helfen, auch wenn Freunde und Familie erstaunt die Brauen hochziehen sollten wie die Lehrerin in dem gerade geschilderten kleinen Theaterspiel. 

Und dieses kleine Theraterspiel war nur ein Bestandteil der Albert-Schweitzer-Tage am Nienburger Gymnasium Albert Schweitzer. An diesem Tag präsentierten die sechsten Klassen die Ergebnisse ihrer Projekte, an denen sie in den vergangenen Tagen gearbeitet hatten. Ihr Ziel: Vertrautmachen mit dem Leben und Wirken Albert Schweitzers, dessen Menschenbild und dessen Werten, denen sich die Schule verschrieben hat. Ihr Publikum: Die fünften Klassen der Schule, deren Familien und Freunde der ASS. Auf diese wartete ein unterhaltsamer und informativer Projektpräsentationstag. Und eines vorweg: Am Schluss war jeder voll und ganz im Bilde über Albert Schweitzer – anders als die ahnungslose Lehrerin vom Beginn.

Schulleiter Dr. Wegener eröffnete um 9 Uhr den Albert-Schweitzer-Tag mit einer kleinen Rede in der vollbesetzten Pausenhalle des Gebäudes am Triftweg, in der er die – rhetorische! – Frage stellte, ob es denn überhaupt etwas bedeute, eine Schule mit diesem Namen zu besuchen: „Nur weil man in der Goethestraße wohnt, muss man ja nicht unbedingt gern Gedichte lesen.“ Aber: Namen sind eben doch nicht einfach Schall und Rauch! Dr. Wegener hob hervor: „In meinem Büro hängt ein Bild Albert Schweitzers mit dem Zitat darauf: ,Tun Sie jeden Tag etwas für jemanden, für das Sie nicht bezahlt werden.´“ Ein Ansporn für ihn und für so manche Schüler wie Lehrkräfte, im normalen Alltag den Mitmenschen zu sehen und zu schauen, ob man irgendwo helfen könnte. Zugleich richtete er den Blick auf Facetten in Albert Schweitzers Leben, die Verbindung und Gemeinsamkeiten schaffen für die Schulgemeinschaft der ASS heute, so etwa die ‚selbstgemachte‘ Musik des passionierten Musikwissenschaftlers und Orgelspielers Albert Schweitzer, in deren Tradition Bläsergruppe, Chor oder Belleplates-AG an der Schule begreifbar sind, oder die wissenschaftliche Neugier des Forschers und Arztes, nicht zuletzt das zweisprachige Aufwachsen, mit dem ein Stück weit die bilingualen Klassen verbunden sind.

Im Anschluss an die Eröffnungsrede wartete ein genauso lehrreiches wie vergnügliches Programm auf die Fünftklässler und deren ‚Anhang‘.

Die Klasse 6a präsentierte eine Tagesschau, vor der sich eben noch über das Fernsehprogramm explosiv streitende Kinder einfanden  – und schnell, friedvoll vereint, gebannt u.a. die Verleihung des Friedensnobelpreises an Albert Schweitzer im Jahre 1952 für sein Engagement gegen das Wettrüsten mit Atombomben anschauen konnten. Die Klasse 6b hatte ,75 Jahre Albert-Schweitzer-Schule‘ zum Thema.  Mit viel Herzblut spielten die Sechstklässler dort eine Direktorenkonferenz vor 75 Jahren, in deren Mitte der damalige Schulleiter, Johannes Zenker, an seiner Rede zur Namenswidmung der bis dahin namenlosen Schule feilte. Eine Lehrstätte, die bis dahin nur ‚Progymnasium‘, dann ‚königliches Realgymnasium‘, später ‚Oberschule für Jungen‘ geheißen hatte, sollte nun, 1949, Albert-Schweitzer-Schule heißen. Was aber sollte er aus dem so reichen Leben Schweitzers in der Rede anführen? Die Klasse 6b hatte da so einige Ideen! Natürlich musste da die Schulszene mit dem eigensinnigen Schüler Albert Schweitzer aufgeführt werden, den viele Fächer so gar nicht interessierten, weil er partout nur Naturwissenschaften, Religion und Musik im Kopf hatte. Aber eben immer auch Ehrfurcht vor dem Leben unter dem Motto ‚Ich bin das Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will.‘ Ausgesprochen lebendig und liebenswürdig setzten die Schüler dies um – dem geneigten Zuschauer wird die Szene mit dem eigentümlich großen, watschelnden Vogel, dessen Leben Schweitzer respektiert, so bald nicht mehr aus dem Kopf gehen.

Genausowenig wie die kleinsten Einzelheiten zu Albert Schweitzers Leben, das die Klasse 6c mithilfe eines Kahoot-Quizzes geradezu schulbuchmäßig abtestete – eine Leistungsüberprüfung, der sich die zuschauenden Fünftklässler nur allzu gerne unterzogen!

Die Klasse 6d wiederum brachte Albert Schweitzers Leben auf die Bühne. Dabei betonte sie sein Engagement für notleidende und arme Menschen in dem von ihm als Missionsarzt gemeinsam mit seiner Frau Helene ab 1913 aufgebauten Urwaldhospital in Lambarene in Gabun, Afrika. Das kleine Theaterspiel betrachtend, wurde das Publikum Zeuge einer mit viel Liebe zum blutigen Detail dargestellten Operation an einer Patientin, die unter Wurmbefall litt. Der Wurm, den Albert Schweitzer nach und nach aus dem Körper operierte, war dabei schaurig rot und wurde immer länger. Umso größer war dann auch der Dank der genesenen Frau, den sie im Hospital Schweitzer und den Krankenschwestern für ihre Rettung zollte.

Am Ende des Albert-Schweitzer-Tages hatten die Fünftklässler viel gelernt und gesehen. Schauen wir uns einmal die Reaktionen an! Emma und Lea aus der 5c gaben Schulnoten: „Sehr gut!“ Deren Klassenkameradin Melina bekundete: „Mir war gar nicht so bewusst, dass Albert Schweitzer geheiratet hatte und im Elsass im heutigen Frankreich geboren wurde.“ Joshua und Fiete aus der 5e zeigten sich beeindruckt: „Albert Schweitzer hat viel für die Menschen gemacht. Er hat kostenlos Menschen in seinem Hospital geheilt, die sich einen Krankenhausaufenthalt bzw.einen Arzt nicht leisten konnten. Und das hat er zum Beispiel dadurch finanziert, dass er Spenden gesammelt und Orgelkonzerte gegeben hat.“ Die Organisatorin der Albert-Schweitzer-Tage, Lehrerin Claudia Wengler, zog ein positives Fazit. Und Dr. Wegener war gedanklich schon in der nahen Zukunft: „Für euch heißt das, dass ihr im Jubiläumsjahr Albert Schweitzer kennenlernen könnt: Am 19. Juni gibt es einen großen Festakt zur Feier des 75-jährigen Jubiläums. Man darf gespannt sein!“

Vh

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