„Strom auf der Tapete“
Die Jugendbuchautorin Andrea Badey zu Gast an der Albert-Schweitzer-Schule
Zu Punk-Klängen und mit federnden Schritten betritt Andrea Badey den Raum und fordert ihr Publikum, Schülerinnen und Schüler des 8. Jahrgangs der Albert-Schweitzer-Schule, auf mitzugröhlen. Es ist die Lieblingsmusik Ron Robert Rankes. Dies ist die Hauptfigur ihres mit dem Peter-Härtling-Preis ausgezeichneten Jugendromans „Strom auf der Tapete“, aus dem sie am 06. März vorlas.
Ron Robert ist ein Außenseiter. Er lebt mit seiner alkoholabhängigen Mutter in einer Plattenbausiedlung in Frankfurt/Oder. Und, als ob das noch nicht genug wäre, fällt er durch Leibesfülle und üblen Körpergeruch auf. Ron Robert feiert gerade seinen 15. Geburtstag und versucht, so gut es geht, sein Leben und den Alltag der Restfamilie zu managen. Doch wird sein innigster Wunsch in Erfüllung gehen – herauszufinden, wer sein Vater ist? Und welche Rolle spielt seine neue Klassenkameradin Clara, das immer schwarz gekleidete Mädchen im Rollstuhl?
Badey habe eine Hommage an die Menschen im Oderbruch verfassen wollen, die geografisch und oft auch sozial „abgehängt“ seien. Die Autorin sei selbst ein Kind der Arbeiterschicht, berichtete sie auf Nachfrage ihrer interessierten Zuhörer. Als Jugendliche habe sie viel Zeit in den Cafés Oberhausens verbracht und aufmerksam das zuweilen skurrile Gebaren älterer Damen beobachtet. Darüber entstanden ihre ersten Texte – und die Entscheidung, aus der Enge ihres Umfelds auszubrechen. Heute ist die freischaffende Künstlerin nicht nur Schriftstellerin, sondern auch Schauspielerin, Dozentin, Sängerin und Kabarettistin. Eine Kostprobe ihres vielseitigen Talents gab Badey nicht nur mit dem lebendigen Vortrag ihres Textes, sondern auch mit einer abschließenden Gesangsnummer. Die Schülerinnen und Schüler waren beeindruckt.
Im Anschluss an die Lesung stand die Autorin in einem Nachgespräch den Achtklässlern Rede und Antwort. Sie berichtete vor allem über den Schreibprozess und die Zusammenarbeit mit ihrer Koautorin Claudia Kühn sowie ihre Vorstellungen von gelungener Jugendliteratur, die von ihrem Vorbild Peter Härtling geprägt seien: Ein Jugendroman sei eine hohe Schule für einen Schriftsteller, da er besondere Präzision erfordere. Jugendliche seien anspruchsvolle Leser, die Schlüssigkeit verlangten und ernst genommen werden wollten – mangelnde Komplexität und augenfällige Didaktik verbiete sich.
Die Lesung an der ASS wurde von Deutschlehrer Kai Lieders organisiert und vom Friedrich–Bödecker–Kreis e.V. für Leseförderung ermöglicht.
Olaf Schmidt-Kinne