Capucines Gefallen an Schnee und Schnitzel

Austauschschülerin Capucine aus Le Havre in der Normandie ist seit 3 Monaten Gastschülerin an der Albert-Schweitzer-Schule/ Ein Gespräch über interkulturelle Beobachtungen

Capucine Van den Berg (links) verbingt ein Vierteljahr bei ihrer Gastfamilie in Nienburg (rechts im Bild: Gastschwester Frida-Lotte Beck) und besucht die Albert-Schweitzer-Schule. Eine Zeit reich an Eindrücken und kulturellen Beobachtungen.

Frischer französischer Wind an der ASS. Capucine aus Le Havre gastiert im Rahmen eines Austauschprogrammes für drei Monate an der Albert-Schweitzer-Schule. Die Albert-Schweitzer-Schule ist bekannt für ihre zahlreichen Austauschprogramme und internationalen Kontakte. Schüleraustauschprogramme mit Las Cruces/New Mexico in den Vereinigten Staaten, mit Yvetot in Frankreich oder Bartoszyce in Polen führten über viele Jahre Schülerinnen und Schüler grenzübergreifend zusammen, die Sprachkurse in Eastbourne in England eröffneten Einblicke in Sprache und Kultur und die Partnerschaft mit einer Schule in Neerpair in Indien erweiterte ganz besonders den sozialen Horizont.

Wir trafen Capucine zusammen mit ihrer Gastschwester Frida-Lotte Beck aus der Klasse 10e Ende letzter Woche zu einem Interview. Wie hat Capucine ihre Zeit in Nienburg und an der ASS erlebt?

Könntest du dich kurz vorstellen?

Ja. Ich bin Capucine Van den Bergaus Le Havre in der Normandie und bin 16 Jahre alt. Nach den Ferien komme ich in die elfte Klasse. Ich lese gerne, auf Französisch uund Englisch. Und ich bin Cineastin, ich liebe Filme. Und ich finde Retrokleidung toll.

Dein Nachname kommt von deinem Vater, der Niederländer ist und auch dort wohnt. Wir wissen auch schon, dass deine Mutter dagegen in Le Havre wohnt, einen kleinen Buchverlag leitet und von zu Hause aus arbeitet in eurem Haus auf einer Anhöhe über dem Meer. Deine beiden Geschwister studieren bereits in Paris. Was hat dich dann ausgerechnet nach Nienburg geführt? Und wie lange bist du hier?

Ich bin im Rahmen eines Schüleraustausches hier. Das Programm heißt Brigitte-Sauzay. Es ist ein Austausch für drei Monate zwischen der Normandie und Niedersachsen (Anm. d. Red.: Das Brigitte-Sauzay-Programm ist ein individueller Austausch, bei dem die Teilnehmer aus Deutschland für mindestens drei Monate in einer französischen Familie leben und ihre jeweiligen Austauschpartner für mindestens drei Monate in ihrer Familie in Deutschland aufnehmen. Während des dreimonatigen Aufenthalts besuchen beide jeweils mindestens sechs Wochen lang die Schule im anderen Land. Capucine ist im Rahmen dieses Austausches bei der Familie Beck untergebracht, ihre Austauschpartnerin heißt Frida-Lotte Beck, die im Gegenzug ab September für drei Monate Gast in Capucines Familie sein wird.)

Wie gut kommst du mit der deutschen Sprache zurecht?Hast du neue bzw. faszinierende Lieblingswörter oder Ausdrücke aufgeschnappt?

Es klappt ganz gut, aber es könnte noch besser sein (Anm. d. Red.: Capucine kennt keine Scheu vor der deutschen Sprache und plaudert einfach drauf los). Ich liebe das Wort ,Schnee’, aber auch ,Taube’ ist süß.

Schnee gefällt dir wahrscheinlich auch, weil es den im maritimen Le Havre kaum gibt und du ihn aber bei einem Ausflug mit deiner Gastfamilie im Schwarzwald unerwarteterweise gesehen hast. Welche Vorstellungen von Deutschland hattest du denn überhaupt vor deiner Reise?

Ich hatte die Vorstellung, dass der Schulalltag kürzer ist. Und dass man auch viel Brot isst.

Die Albert-Schweitzer-Schule ist ja nun für einige Wochen deine Gastschule. Was fällt auf, wenn du diese deutsche Schule mit deiner Schule vergleichst?

Hier gibt es keine Kantine. (Anmerkung d. Redaktion: Es gibt zwei Cafeterien, die jedoch zeitweilig wegen der Coronasituation geschlossen waren). Auffällig ist auch, dass es in Frankreich keinen Religionsunterricht gibt. Und ich habe an meiner Schule in der Normandie nicht die Fächer Kunst, Musik oder Darstellendes Spiel. Außerdem darf man in Frankreich nicht im Klassenraum essen. Und wir haben samstags bis 13 Uhr Schule. Hier nicht. Das ist schön!

Ist dir an der ASS noch etwas aufgefallen?

Die Schüler hier sind disziplinierter und die Lehrer sind wie in Frankreich. In meiner Schule in Frankreich verfügen wir nicht über Laptops oder Tablets. Aber wir haben mehr Hausaufgaben.

Wie steht es denn um die Französischkenntnisse der Schüler in deiner Klasse 10e hier an der ASS?

Die Klasse ist besser in Französisch als meine Klasse in Frankreich in Deutsch.

Corona hat den Alltag verändert. Wie ging man in Frankreich mit der Situation um?

Zu Beginn war es sehr anstrengend. Wir hatten einen strengen Lockdown. Meine Familie und ich sind aber recht gut klargekommen.

Wie hat die Jugend, wie hast Du die Coronasituation und die Maßnahmen erlebt?

Wir haben schon länger keine Masken mehr in der Schule und überall. Wir mussten uns nicht testen, nur wenn wir krank waren. Das war in Deutschland länger streng.

Was steht nach dem Wegfall vieler Maßnahmen nun ganz oben auf der Liste der Dinge, die unbedingt nachgeholt werden müssen?

Was ich tun möchte? Ins Kino gehen. Im Restaurant essen. Und reisen!

Die Stadt Nienburg ist für diese Zeit eine Art neues Zuhause für dich geworden. Welche Eindrücke hast du?

Es ist eine süße Stadt. Und es ist ruhig. Ich mag die Weser.

Was hast du noch in Deutschland kennengelernt?

Ich war im Schwarzwald, in Hannover und in Bremen. Außerdem habe ich das Steinhuder Meer besucht und natürlich die Umgebung von Nienburg. Und jetzt fahre ich noch mit auf die Klassenfahrt nach Berlin.

War es eine große Umstellung vom französischen Alltagsleben zu einem Leben in einer deutschen Gastfamilie?

Nein, nicht sehr. Ich bin relaxter, weil ich gerade nicht so viel für die Schule machen muss. Aber das Essen ist natürlich anders. Mein Lieblingsessen hier ist Spargel und Schnitzel. Aber ich mag keinen Waldmeisterwackelpudding. Ein weiterer Unterschied zu Frankreich: Wir essen dort abends immer warm.

Wie ist das Leben in einer deutschen Familie, wie ist das Alltagsleben in Nienburg/Deutschland?

Es gibt nicht viele Unterschiede. Ich komme aus Nordfrankreich. Die Atmosphäre ist ähnlich. Auffällig ist in Deutschland aber die Fahrradliebe, das ist bei uns nicht so.

Zuletzt stellten wir die Frage, was Capucine mitnehmen werde aus Deutschland nach Frankreich? Nun, in ihren Koffer werde sie auf jeden Fall ein schönes Souvenir packen. Und das hat mit einem ihrer deutschen Lieblingswörter zu tun: Eine Schneekugel. In ihr Herz hingegen muss sie nicht mehr viel schließen: Da sind ihre neuen deutschen Freunde schon längst drin.

Vh

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