Statt Hamburg: Olympiade in Nienburgs Albert-Schweitzer-Schule!
Giebelsaal der Albert-Schweitzer-Schule wird bei Deutsch-Olympiade der 9. Klassen zum würdigen Austragungsort/ Klasse 9a ganz oben auf dem Siegerpodest
Nein, Franz Beckenbauer, Katharina Witt und andere deutsche Sportgrößen mussten sich nicht stark machen für diese Austragung. Sogar ohne große Sponsoren und teure Spielstätten kam sie aus. Und dennoch fand sie auch 2015 wieder dort statt, wo es nicht auf den Gigantismus eines Megaspektakels ankam, sondern auf die Größe von Einsatzfreude und Wortakrobatik: ‚Sie‘, das ist die Deutsch-Olympiade der 9. Klassen, ‚wo‘, das ist der Austragungsort, der Giebelsaal der ASS.
Im Unterschied zu den ‚richtigen‘ Olympischen Spielen trafen sich die ‚Deutsch-Olympioniken‘ eben nicht erst nach vier Jahren zum Wettkampf, sondern fanden zum jährlichen Schulentscheid der 9. Klassen des Gymnasiums zusammen. Und so richtig athletisch musste auch niemand der besten Vier jeder Klasse sein. Birne statt Bizeps, schnelle Zunge statt Ausdauer und Lunge – so lautete das Rezept für den Sieg beim sprachlichen Fünfkampf der Deutsch-Olympiade. Die aus je vier Schülern bestehenden Teams, die aus den in den Wochen davor absolvierten Klassenausscheiden der neunten Jahrgangsstufe der ASS hervorgegangen waren, stellten sich im Schulausscheid nämlich den Herausforderungen in den Disziplinen ‚Reimen’, ‚Umschreiben’, ‚Erzählen’ und ‚Erklären’. Die beiden führenden Teams, Team 9a und Team 9c, suchten dann zum Abschluss in der fünften Disziplin ‚Darstellen’ die Jury wie auch das Publikum von ihrem schauspielerisch-dramaturgischen Können zu überzeugen.
Bis zur entscheidenden fünften Disziplin war es jedoch ein weiter Weg. Gerade die erste Disziplin, das Reimen, fiel den Beteiligten noch etwas schwer. Hier galt es, abwechselnd im Team auf einen vorgegebenen Vers spontan passende Verse zu bilden, die sich reimen sollten. Gar nicht so einfach, wenn das Gedicht Sinn ergeben soll und man gleichzeitig mit Lampenfieber kämpft! Immerhin, den Teams gelang das Reimen, und bei der zweiten Disziplin, dem Umschreiben, hatten sich alle Zungen gelockert, so dass von romantischen Begriffen wie ‚Abendrot‘ über technische Zusammensetzungen wie ‚Staubsauger‘ bis hin zu medizinischen wie ‚Beinbruch‘ alles so redegewandt umschrieben wurde, dass die Teammitglieder die gesuchten Begriffe meist schnell erraten konnten. Ihre Stärken spielten manche Teams dann so richtig in den Disziplinen ‚Erzählen‘ und ‚Erklären‘ aus. Beim Erzählen sollten für vorgegebene Anfangs- und Schlusssätze unterhaltsame Geschichten erfunden werden, beim ‚Erklären‘ wiederum Wortschöpfungen wie ‚Wolkentasche‘ wie in einem Lexikon mit einer allerdings ungleich phantasievolleren Erklärung versehen werden. Die Jury, bestehend aus je einem Fachlehrer, der Ersten Jurorin Karen Eggers und den Siegern des Vorjahres, Theda Wahl, Jan Gräfenstein und Jurek Hegemann aus der 10e, amüsierten sich sehr über bisweilen sehr überraschende Wendungen in den Erzählungen, und manche Erklärung bizarrer Begriffe brachte nicht wenige im Publikum zum Lachen.
Als Schwergewichte der Wortakrobatik stellten sich nach vier Disziplinen die Teams der 9a und der 9c heraus. In der entscheidenden Disziplin ‚Darstellen‘ zum Thema ‚Versprochen‘ scheiterten ursprünglich Heiratswillige spektakulär. Den Segen für ‚ihr‘ Pärchen verweigerte das Team der 9a dabei so urkomisch und beängstigend eindringlich, dass ihnen ihr dramatisch inszeniertes Scheitern den Gesamtsieg und die Goldmedaille einbrachte. 96 Punkte hievten Mizgin Boran, Lasse Kunst, Nicklas Lühring und Erik Neumann aus der 9a auf das Siegertreppchen, immerhin 86 Punkte versilberten Lilith Okonnek, Fabian Biester, Zozan Gürses und Jan-Ole Meyer aus der 9c den Wettbewerb. Die Teams der 9b (78 Punkte), 9e (70 Punkte) und 9d (69 Punkte) folgten auf den Plätzen.
Bei allen Unterschieden zur ‚richtigen‘ Olympiade hatten Publikum und Wettstreiter jedoch das verinnerlicht, was den wahren olympischen Geist ausmachen sollte: Sportlichkeit im Verhalten, Mannschaftsdienlichkeit und Begeisterungsfähigkeit: „Die Klassen fieberten über die gesamte Dauer von vier Schulstunden mit ihren Teams mit, denn jeder wollte Schulsieger werden“, betonte Karen Eggers, Deutschlehrerin, Erste Jurorin und souveräne Moderatorin der Deutsch-Olympiade. Dabei blieben, so bestätigte sie, Olympioniken und Publikum stets sportlich-fair – es gab keine Zwischenrufe oder gar Buhrufe, keine Fouls oder Rudelbildung am Jurytisch, dafür aber umso kräftigere Anfeuerung der eigenen Mannschaft und sogar höflichen Applaus für den Gegner. Eine gelungene Olympiade, so Eggers, ist eben auch das Ergebnis einer gemeinschaftlichen Leistung, bei der der Einzelne sich für das Wohl aller einsetzt. Ausdrücklich dankte sie in diesem Sinne Deutschfachobmann Sebastian Toepfer für die hervorragende Vorbereitung der Olympiade, den Zehntklässlern Linus Köneking und Felix Otto für die Pausenmusik, den Zeitnehmern Philip Diehl und Marco Thies aus der 9b, dem Abbauteam und allen weiteren Helfern.
Ob Hamburg je eine Olympiade haben wird, wissen wir nicht. Eines aber ist sicher: Dieser tolle olympische Geist der Schülerinnen und Schüler wird auch im nächsten Jahr wieder der ASS eine Deutsch-Olympiade bescheren!
Vh