Klasse 9c der ASS erlebt mit Kreuzfahrtkapriolen in Staatsoper keinen Schiffbruch
Besuch der Klasse 9c in der Staatsoper Hannover/ Cole Porters Musical >Anything goes< lässt Schülerinnen und Schüler in Opern- und Musicalwelt eintauchen

‚In olden days, a glimpse of stocking/Was looked on as something shocking./But now, God knows/ Anything goes!‘ Blicke auf seidige Beinstrümpfe? Auch das junge Publikum empfand dies an diesem Abend nicht als schockierend – aber dass ‚alles erlaubt‘ wäre, ‚anything goes‘? In Sachen Kleidung machten die 24 Teenager an diesem Abend in Hannover eine klare Ansage. Die Klasse 9c der Albert-.Schweitzer-Schule besuchte nämlich am Freitag, dem 05. Dezember, die Staatsoper Hannover, in der das Musical >Anything goes< von Cole Porter gegeben wurde – und alle hatten sich richtig in Schale geworfen.
Im Musikunterricht stand das Thema „Musiktheater“ auf dem Lehrplan, sodass sich das Live-Erlebnis hier natürlich anbot. Organisiert von ihrer Musiklehrerin Christina Hinzmann-Suckel, begleitet zudem von ihrem Klassenlehrer Thomas Volkhausen und mit dabei auch ein opern- und bahnfahrterfahrener Zehnklässler, der für einen an diesem Abend verhinderten Mitschüler aus der 9c eingesprungen war, erlebten fast alle der Schüler den Besuch in einem großen Opernhaus zum ersten Mal. Entsprechend groß war die Freude und die Aufregung. Neben der festlichen Atmosphäre in Hannovers Staatsoper lernten sie auch, sich als Opernbesucher gewandt zu verhalten: Nach dem dritten Gong ging man nicht mehr zur Toilette oder in den Gastronomiebereich; in der Oper suchte man das Gesicht den Sitzenden zugewandt seinen Platz auf, man drückt einfach kein Gesäß in das Gesicht andere Opernbesucher – und das Smartphone, nun, das blieb während der Vorstellung aus! Und dann ging es los – und die Schüler, die wegen der wieder einmal verspäteten S-Bahn schon unfreiwillig Schwung erhalten hatten und richtig in Fahrt waren, als sie schnellen Schrittes an der Oper gerade noch pünktlich angelangt waren, gingen jetzt als Zuschauer erst recht auf große Fahrt.
Warum? Cole Porters Musical Anything Goes macht aus dem Ozeandampfer >MS America< einen Ort voller Abenteuer: Luxus, Begegnungen und Flucht zugleich. Hier tauchen Figuren unter, wechseln ihre Rollen und sprengen gesellschaftliche Grenzen. Der junge Börsenmakler Billy Crocker schleicht sich, verliebt in die unbedarfte Hope Harcourt, als blinder Passagier an Bord – doch seine Angebetete ist schon dem englischen Gentleman Lord Oakleigh versprochen. Unterstützung bekommt Billy vom gewitzten Ganoven Moonface Martin und der charmanten Nachtclub-Tänzerin Reno Sweeney. Dazu sorgt Elisha Whitney, alternder Romantiker und Billys Chef, für noch größeren Wellenschlag an Bord, wo sowieso schon das Chaos herrscht.
Zwischen Verwechslungen, Verkleidungen und rasanten Stimmungswechseln treiben Cole Porters Klassiker wie Anything Goes und I Get a Kick Out of You das Geschehen, immer haarscharf an der Havarie vorbei, schwungvoll voran. Am Ende gilt: Alles fließt, alles tanzt – und wer die Moral der Geschichte erwartet, der wartet vergeblich und erlebt eher Schiffbruch. Denn auf der MS America geht wirklich alles -‚Anything goes‘!
Die Handlung zog gleich viele der Schülerinnen in ihren Bann. Als auf der Bühne geklagt wurde, dass irgendwie gutaussehende Herren bedauerlicherweise nicht die Hellsten seien, kommentierten drei Neuntklässlerinnen sogleich im Brustton großer Erfahrung: „Ja, wie wahr, so ist es leider.“ Die stimmlich und von ihrer Bühnenpräsenz sehr hervorstechende Tänzerin Reno Sweeney, aber auch Hope Harpers romantische Gesangseinlage, inspirierte manche der Schülerinnen so sehr, dass sie in der Pause auf der Toilette ihrerseits Gesang und Bühnenhandlung fortsetzten, bis sie dabei ertappt wurden und kichernd ihren Freundinnen davon berichteten. Und die Jungen? Genossen den Abend ebenso. Während einige sicherlich die Handlungskapriolen und das Versteckspiel der Figuren mit wachem Blick verfolgten, wurden andere von ihnen von den musikalischen Einlagen so gepackt, dass sie mitschunkelten, mitsangen und mit energischem Körpereinsatz nicht immer ganz opern-like ihrer Begeisterung Ausdruck verliehen – wobei sie das ‚Eine -Welle-Machen‘ doch getrost dem Bühnengeschehen hätten überlassen können, denn da ging es hoch her.
Hinterher war die Stimmung bei allen Schülern ausgesprochen heiter und so erfrischt, als hätten sie alle gerade selbst einen Kreuzfahrturlaub hinter sich – und daran konnte auch der Polizeieinsatz hinterher auf dem Bahnsteig nichts ändern, weswegen die Gruppe einen anderen Zug nehmen musste. Kein Schiffbruch! Lob fand das Bühnenbild der Oper – Aufbauten des Ozeanriesen, die sich im Kreis drehen ließen und so das turbulente Geschehen an verschiedenen Orten des Dampfers ins Rampenlicht rückten. Auch die gesangliche Qualität war bemerkenswert hoch, viele der Wortspiele und Dialoge witzig, wenngleich manchmal etwas flach. Und einige zeitgemäße Anpassungen des Musicals aus dem Jahre 1934 waren schon nicht mehr zeitgemäß. Ob vielen Teenagern die Namen George Bush und Gerhard Schröder noch etwas sagen? Kritische Worte fanden einige Schülerinnen auch zu „grenzwertigen Szenen“, so etwa der despektierliche Umgang mit einem Kruzifix, was die Teenagerinnen aus christlicher Sicht monierten.
Fazit des Abends? Dies lässt sich nicht passender als mit Cole Porters Worten selbst ziehen. ‚I get no kick from champagne´, ‚I get no kick on a plane‘ würde er sagen. Weder Champagner noch eine Flugreise also begeisterten die Schülerinnen und Schüler, sondern ein eindrucksvoller Musicalabend in der Staatsoper Hannover. Oder, um Cole Porter zu zitieren: ‚I get a kick out of you.‘
Vh
