Die Erinnerung ist wie das Wasser
Ein kurzer Bericht über die Gedenkstättenfahrt nach Auschwitz und Krakau
Die Erinnerung ist wie das Wasser: Sie ist lebensnotwendig und sie sucht sich ihre eigenen Wege in neue Räume und zu anderen Menschen. Sie ist immer konkret: Sie hat Gesichter vor Augen, und Orte, Gerüche und Geräusche. Sie hat kein Verfallsdatum und sie ist nicht per Beschluss für bearbeitet oder für beendet zu erklären. Noach Flug, Auschwitz-Überlebender Wir, 54 Schülerinnen und Schüler aus insgesamt sechs Schulen des Landkreises Nienburg im Alter zwischen fünfzehn und zwanzig Jahren, suchten den Weg zum Gedenken, welcher uns unter der Leitung der beiden Pastoren Jann-Axel Hellwege und Marco Voigt nach Auschwitz und Krakau führte. Eine achttägige Reise, in der uns viel erwartete.
Neben den Besuchen der beiden Lager in Auschwitz standen auch die jüdische Kultur und Geschichte im Vordergrund. Dazu besuchten wir Oswiecim und einen ganzen Tag lang Krakau, das für seine Geschichte und die malerische Altstadt bekannt ist.
In Oswiecim hatten wir die seltene Gelegenheit, mit einem der letzten Überlebenden des Konzentrationslagers zu reden. Der 92-jährige Wacław Długoborski war als junger Mann am Aufstand in Warschau beteiligt und wurde nach dessen Niederschlagung nach Auschwitz gebracht. Eindrucksvoll erzählte er, wie er die Zeit damals erlebte und wie er kurz vor Kriegsende fliehen konnte.
Zusammen mit polnischen Jugendlichen aus Oswiecim konnten wir an einem Tag in vier verschiedenen Workshops beginnen, unsere Eindrücke zu verarbeiten. Dazu hatten wir uns im Vorfeld in die Gruppen Foto, Schreiben, kreatives Gestalten und darstellendes Spiel aufgeteilt.
In Krakau gingen wir durch das jüdische Viertel und das ehemalige Ghetto und besichtigten das Oskar-Schindler-Museum. Am Abend lernten wir dann auch jüdisches Essen und jüdische Klezmermusik kennen. Eindrücke, die für die allermeisten von uns völlig neu und ungewohnt waren, die aber zeigten, dass die jüdische Geschichte in Polen auch nach der schrecklichen Geschichte weitergeht. Davon konnten wir uns auch durch Besuche von Museen und einer Synagoge überzeugen.
Vor der Reise konnten wir uns, trotz des erlangten Wissens im Geschichtsunterricht, nicht im Geringsten vorstellen, was uns wirklich erwarten würde. Als es dann soweit war und die schrecklichen Bilder für uns Wirklichkeit wurden, schien uns das Ausmaß des grausamsten Verbrechens der Geschichte immer noch unvorstellbar. Zwar hat man durch den Anblick der Weite des Areals und des kilometerlangen Stacheldrahtzauns in Birkenau einen genauen Eindruck bekommen, wie groß das Gelände wirklich ist.
Doch unvorstellbar bleibt für uns immer noch, wie so etwas passieren konnte und wie Menschen das anderen Menschen antun konnten. Der Eindruck der Grausamkeit wurde durch die reale Betrachtung der Foltergeräte, der Gaskammern und der Krematorien, sowie der Darstellung der Lebensumstände noch verstärkt.
Wir denken, dass man derartiges niemals irgendeiner Menschengruppe antun darf. Wir müssen heute darauf achtgeben, dass sich so etwas niemals wiederholt. Dazu
gehört, dass wir die Erinnerung an die Verbrechen von damals wachhalten.
Wir können die Fahrt auf jeden Fall weiterempfehlen, da man erst, wenn man vor Ort gewesen ist, das riesige Ausmaß der Verbrechen ansatzweise realisieren kann. Wenn man in Auschwitz gewesen ist, begreift man, wie gut man es doch hat und denkt darüber nach, dass man die eigenen Bedürfnisse ruhig auch mal zurückstellen kann.
Paula Barchanski, Denise Carstens, Celine Ellermann, Nina Lossie
mit Fotos von Marco Voigt