Austauschschüler der ASS lernen ‚American way of life‘ kennen
18-köpfige Gruppe der Albert-Schweitzer-Schule absolviert erfolgreichen Schüleraustausch mit Las Cruces, New Mexico/Amerikaner kommen im Mai 2017 zum 30-jährigen Jubiläum des Austauschprogramms
Montag, kurz nach 10 in Deutschland: '
War ja klar. Hier ist es natürlich wieder grau in grau'; 'Mensch, es wirkt alles so klein und schmal'; 'Aber unser Essen habe ich doch vermisst.' Nein, dies sind keine Wortfetzen aus einer bekannten Auswanderersendung im Fernsehen – statt 'Good-bye' heißt es nämlich 'Deutschland, du hast uns wieder', als 16 Schülerinnen und Schüler der Albert-Schweitzer-Schule mit ihren beiden Begleitlehrern am Flughafen Hannover wieder Heimatboden betreten. Beinahe einen Monat hatten die Amerikareisenden bei durchweg warmen Temperaturen und wolkenlosem Himmel im 'Land der unbegrenzten Möglichkeiten' verbracht. Möglich wurde der Aufenthalt durch den seit 1987 im Rahmen des German American Partnership Program durchgeführten Schüleraustausch der Albert-Schweitzer-Schule mit amerikanischen Highschools in Las Cruces/New Mexico. Zusammen mit den Leitern des Austausches, Schulleiter Dr. Ralf Weghöft und Lehrer Thomas Volkhausen, hatten die Schülerinnen und Schüler der ASS zwischen dem 20. September und dem 17. Oktober zunächst zweieinhalb Wochen den 'American way of life' in Gastfamilien und an der Arrowhead Park High School in Las Cruces kennengelernt. Die abschließende Woche erlebten sie dann nicht bloß irgendwo in Amerika, sondern in Washington D.C. Und das mitten im Wahlkampf!Der Schüleraustausch mit den U.S.A. der Albert-Schweitzer-Schule verfolgt gleich mehrere Ziele. Zu den wichtigsten Anliegen zählt, die Gymnasiasten in ihren Fremdsprachenkenntnissen zu fördern, ihren kulturellen Horizont im Sinne interkulturellen Lernens zu erweitern, zu größerer Selbständigkeit heranzuführen – und nicht zuletzt ein unvergessliches Erlebnis zu bieten. Dass diese Ansinnen nicht gänzlich verfehlt wurden, konnte man bei diesem Austausch problemlos gewahr werden.
Schon nach sehr kurzer Zeit waren die Schülerinnen und Schüler quasi Söhne bzw. Töchter ihrer Gastfamilien geworden. „Viele Gastfamilien wollten ihrer Gastkinder gar nicht mehr hergeben. Die höfliche und respektvolle Art unserer Schüler wurde sehr gelobt“, stellt Lehrer Thomas Volkhausen erfreut fest. „Und auch sprachlich machten die Schülerinnen und Schüler in der natürlichen Sprachumgebung schnell Fortschritte. Manche der deutschen Jugendlichen eigneten sich den 'American slang' so gut an, dass viele Amerikaner sie fast für ihre Landsleute hielten“, ergänzt Volkhausen. In der Tat waren die deutschen Teenager sprachlich nicht nur in der Kommunikation im Alltag gefordert. Sie mussten an der Arrowhead Park High School zudem kleine Unterrichtseinheiten und -vorträge zur deutschen Sprache und Kultur abhalten – und das vor Publikum, auf englisch! In Washington D.C. wiederum spielten sie dann 'mal eben Reiseleiter und stellten einander zahlreiche Sehenswürdigkeiten und kulturelle Besonderheiten wie das Capitol oder das politische System der Gewaltenteilung auf englisch vor. Übung in englischsprachigen Vorträgen hatten sie ja – aber wie oft hält man die schon, wenn der eigene Schulleiter zuhört?!
Im Rahmen des German American Partnership Program beschäftigten sich die Deutschen auch mit der Frage, ob Amerikaner und Deutsche Welten trennen oder beide gemeinsam in einer Art globalisiertem Dorf leben. Unglaublich, wie viele Amerikaner deutsche Wurzeln haben oder, etwa im Militärdienst, Deutschland kennengelernt und in wehmütiger Erinnerung behalten haben. Insbesondere jedoch die Jugendlichen entdeckten viel Verbindendes. Und das erschöpfte sich nicht nur in Musikgeschmack, Shopping- und Freizeitinteressen bis hin zu ähnlichen Ansichten zu Politik und Weltgeschehen. Fleißig überbrückten einige Schüler Sprachbarrieren eben auch durch den Austausch überlebensnotwendiger 'Spezialvokabeln', die manchmal in beiden Sprachen gleich waren, in vielen Fällen hier aber nicht abgedruckt werden sollten.
Doch auch riesige Unterschiede wurden augenfällig. Nur zwei Beispiele. Die Autoliebe der Amerikaner führt etwa dazu, dass Bürgersteige bisweilen fehlen und Banken 'Drive through'- (=Durchfahr-) Schalter haben, damit man gar nicht mehr aus dem Auto steigen muss. Mit großem Erstaunen stellte auch mancher Schüler fest, dass Grenzen in den USA seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 weit stärker überwacht und kontrolliert werden als in Deutschland und Europa. Schon bei der Einreise war jeder aus der Gruppe fotografiert worden, waren jedem Einzelnen Fingerabdrücke abgenommen worden – das Gepäck eines Begleitlehrers wurde aus unerfindlichen Gründen sogar gleich mehrfach auf Sprengstoff und Drogen untersucht. Alles sauber, natürlich – aber für Heiterkeit bei den Schülern war gesorgt. Fremdartig mutete nicht wenigen auch der über 5 m hohe Grenzzaun zu Mexiko an, der sich über hunderte Kilometer an der Grenze entlangzieht und per Wagen- und Hubschrauberpatrouille überwacht wird. Fremdartig auch der Vorschlag im Präsidentschaftswahlkampf, eine Mauer an der Grenze zu Mexiko zu errichten. Ein
Angehöriger der Customs and Border Protection (Zoll- und Grenzbehörde), der für das Projekt eigens in den Klassenraum an der High School kamen, erläuterte den überraschten Deutschen, in welchem Umfang und mit welchen weitreichenden Befugnissen gerade im grenznahen New Mexico Kontrollen durchgeführt werden, um illegale Einwanderer, Drogen- und Menschenschmuggler sowie Kriminelle aufzuspüren. Zum Einsatz im Klassenraum kam dabei auch die Spürhündin 'Tara', die problemlos zuvor eigens versteckte Schmuggelware im Klassenraum ausfindig machte (witzigerweise hörte sie nur auf deutsche Befehle, denn sie wurde in Deutschland ausgebildet!).Erfreut bemerkten die Deutschen jedoch zugleich, dass die allermeisten Amerikaner, die die ASSler kennenlernten, der deutschen Austauschgruppe eine Offenheit, Freundlichkeit und zugewandte Neugierde entgegenbrachten, die ihresgleichen sucht. Schnell kam man ins Gespräch, und als die Weiterreise nach Washington D.C. anstand, die 'Farewell-Party' den nahenden Abschied von den Gastfamilien bewusst machte, flossen zahlreiche Tränen. Klar, niemand wollte sich von den neugewonnenen Freunden, Bekannten und 'Zweitfamilien' in Las Cruces trennen.
Abgesehen von den sprachlichen und kulturellen Bereicherungen, die die ASSler durch den Austausch erfuhren, darf eines natürlich nicht unerwähnt bleiben: die Unmenge an unvergesslichen und einzigartigen Erlebnissen. Und dazu zählt nicht nur die Wanderung in den Organ Mountains in New Mexico, auf der eine eindrucksvolle Naturhöhle und malerische Wasserfälle zu entdecken waren, zum Entsetzen insbesondere von Schülerinnen aber auch riesige Taranteln den Weg der Deutschen kreuzten. Ebenso durften die Deutschen eine hochmoderne Polizeistation besichtigen und an einer 'Middle School' mexikanische Tänze bewundern. Wunderliche Felsformationen und steinernde Gässchen im Naturpark 'City of Rocks' zogen die ASSler in ihren Bann. Und sogar heiße Quellen in Faywood Hot Springs wurden für ein gemeinsames Bad genutzt. Einige Schüler kamen überdies zu dem Vergnügen, an einem wilden BMX-Rennen teilzunehmen – und zeigten sich dabei sehr sattelfest. Die ganze Gruppe landete dazu noch im Fernsehen, als sie im Rathaus von Las Cruces von Bürgermeister und Ratsversammlung willkommen geheißen wurde. Dank des Städtepartnerschaftskomitees Las Cruces-Nienburg konnten sich die Deutschen mit ihren amerikanischen Gastgeschwistern auch beim Rock and Bowl im Bowling messen.
In Washington D.C. wartete dann ein noch geballteres Programm auf die Nienburger. Das Hostel mit seinem Manager, dem Alt-Hippie Steve, erwies sich zwar weniger als Unterkunft denn als völlig herunter'gerockte' Absteige, doch den Schrecken darüber vergaßen die Kleinstädter schnell bei einer 3-stündigen Radtour auf der National Mall mit ihren Gedenkstätten, Museen und Monumenten, auf einer tollen Wanderung durch die Wälder im Shenandoah National Park mit Picknick auf einem Felsvorsprung, beim Besuch eines NBA-Basketballspiels oder, ja, natürlich, beim Shoppen in der gigantischen Pentagon City Mall. Und als dann eine turbulente Reise auch noch mit stundenlangen Turbulenzen im Flugzeug zuende ging, blickten viele der ASSler noch wehmütig auf einen Austausch zurück, den sie wohl so schnell nicht vergessen würden. Und mancher wagte freudig schon einen Blick voraus – denn im Mai 2017 wird eine etwa 15-köpfige Austauschgruppe der amerikanischen Schule mit ihren Lehrern Tracy Bennett und Jeffrey Johnson drei Wochen in Nienburg verweilen – pünktlich zum 30-jährigen Jubiläum des Amerika-Austauschprogramms der ASS.
Ganz besonderer Dank gilt der Stadt Nienburg, der Ernst-Stewner-Stiftung,der Werner-Ehrich-Stiftung, dem German-American-Partnership-Program und dem Freundeskreis Las Cruces-Nienburg, die die Finanzierung des Amerikaaustausches für die Schüler großzügig unterstützt hatten.
Thomas Volkhausen