Glanzlicht auch bei Dunkelheit
Pop-Rock-Jazz-Folk-Musical „Geschöpf der Nacht“ an der Albert-Schweitzer-Schule unterhält das Publikum
Kann man bei Sommersonnenschein im Dunkeln tappen? Ist es möglich, dass einem erst bei Düsternis ein Licht aufgeht? Was zunächst paradox klingt, hört sich beim Genuss des Musicals >Geschöpf der Nacht< der Chor-AG (Jahrgänge 5-7) der Albert-Schweitzer-Schule dann ganz einleuchtend an. Das Musical von Andreas Schmittberger, das am vergangenen Donnerstag um 18:30 Uhr und Freitag um 17:00 Uhr in der gut besuchten Pausenhalle des Triftwegsgebäudes der ASS aufgeführt wurde, beschäftigt sich nämlich mit den Themen Freundschaft und Ausgrenzung.
Und wenig hellsichtig handeln zunächst Giovanni (norditalienisch kontrolliert: Anna Feige, eher temperamentvoll süditalienisch: Luise Püschel), Schleimer (spöttisch-abgeklärt: Lucie Borcherding bzw. Maite Teich) und Fine (schwatzhaft gerade bei Schimpfworten wie ‚Du Gurke‘: Jule Henatsch bzw. Nora Munk), drei Freunde vom Campingplatz. „In unserer Welt voll Sonnenschein, da kommt uns nie ein Fremder rein!“ lautet ihr Wahlspruch. Da hat Lucie, der Bergtroll, dessen großes Talent das Leuchten ist und der gerne mitspielen würde, in den Augen der Kinder natürlich wenig glänzende Aussichten: „Wer braucht schon Licht auf einer Sommersonnenwiese?“ Doch dann entführt plötzlich der große Zauberer Victor Zackenbarsch das Sonnenlicht. Den Kindern bleibt als einzige Chance, sich bei völliger Dunkelheit auf einen 100.000 Meilen langen Weg zum Zauberer zu machen, um das Licht zurückzufordern. Erst jetzt geht Giovanni, Schleimer und Fine ein Licht auf, wie wichtig Lucies Talent ist, denn in der Dunkelheit ist seine Leuchtkraft die Rettung. So schließen sie Freundschaft, und als sie dann alle gemeinsam ihre Talente einsetzen, gelingt es ihnen, das Licht vom Zauberer zurückzuerhalten und mit Lucies Leuchtkünsten und Giovannis Witzigkeit selbst das finstere Gemüt Zackenbarschs aufzuhellen.
Dieses Spiel mit der Motivik von hell und dunkel konnte erleben, wer am Donnerstag und Freitag das Musical besuchte. Klar zu erkennen war dann jedenfalls, dass die Chor-AG unter der Leitung von Elisabeth Vogels und Christina Hinzmann-Suckel eine Vorstellung gab, in der viel Licht, aber kaum Schatten war. Elisabeth Vogels am Piano und Lea-Sophie Kohlmajer mit der Tuba gestalteten mit tiefen Tönen und langsamem Tempo atmosphärisch dicht den Eindruck bedrohlicher Dunkelheit beim gleichnamigen Lied oder dem ‚Dumm-Gelaufen-Blues‘, dass es wohl vielen Zuhörern kalt den Rücken herunterlief. Leicht und beschwingt setzten Amrei Menzel und Angelina Retzlaff (Querflöte) sowie Clara Lindemann (Saxophon) bei Stücken wie ‚Welt voller Sonnenschein‘ oder ganz besonders dem abschließenden ‚Sole, sole!‘ dagegen den lichtvollen Kontrast, dessen heiterer Rhythmus die begeisterten Zuhörer zum beschwingten Klatschen animierte.
Doch auch die erkennbare Spielfreude der Hauptdarsteller übertrug sich auf die Zuschauer. Bergtroll Lucie (gespielt von Malte Knudsen bzw. Jan Knudsen) nahm Zuschauer und letztlich auch die drei Freunde durch eine anrührende Darstellung ein, unterstrichen durch eine gekonnt tapsige Körpersprache, die dem Publikum ‘mal ein mitleidiges, ‘mal ein amüsiertes Lächeln ins Gesicht zauberte. Die zwiespältige Natur des grimmigen, aber freudlosen Zauberers Zackenbarsch brachten Friederike Weber bzw. Frida-Lotte Beck mit großer schauspielerischer Präsenz und ansteckender Spiellaune so zum Ausdruck, dass auch die feinen Zwischentöne wahrnehmbar wurden. Choreographisch durchdacht und gesanglich überzeugend, sorgte der aus Schülerinnen und Schülern der 5. bis 7. Klassen bestehende Chor für Akzente und Zwischenkommentare zu den einzelnen Szenen.
Einen Augenschmaus zu den vielen Ohrenfreuden des Musicals steuerten die aufwendigen Requisiten, Kostüme und die bemerkenswert kunstvoll gestalteten Bühnenbilder bei, die Schüler unter der Leitung von Edda Herrmann-Scheefe liebevoll entworfen hatten. Ob malerische Bergkulissen oder aber das prunkvolle Schloss des Zauberers mit seinen schweren Ölbildern und den düster-schwarzen Wänden: Das Publikum fühlte sich in andere Welten verzaubert – auch dank der professionellen Bühnenarbeiter und Kulissenschieber Florian Pulina, Melissa Fras, Michelle Burau und Aileen Hochhalter.
Mit „Geschöpf der Nacht“ setzt die ASS ihre beliebte Musicalreihe nicht nur fort: Bühnenbild, chorische und instrumentale Darbietung wie auch zum Teil die darstellerischen Leistungen setzen inzwischen Maßstäbe, die deutlich über der Qualität normaler Schülerinszenierungen liegen. Und während das Musical noch die Frage aufwirft, ob nicht jeder ein Talent hat, das Respekt verdient, gab das Publikum bereits die Antwort und zollte allen Mitwirkenden lautstarken Respekt vor einer Leistung, die vielerlei Talente ans Tageslicht förderte.