Drei Ringe, Doppelrollen und ein Bollerwagen? Fertig ist das Ideendrama!

Überall-Theater gastiert an Albert-Schweitzer-Schule/ Elftklässler gewinnen neue Sichtweisen auf Lessings Drama  „Nathan, der Weise“

Ein Bollerwagen nähert sich, ein Mann zieht ihn den Schotterweg entlang, Rammsteins „Engel“ ertönt aus fetten Lautsprechern. Wer jetzt an bekannte Bollerwagentouren mit den im Rausch vereinten Freunden Rüdiger, Rolf und René in Herne Wanne-Süd denkt, könnte falscher nicht liegen. Es ist Nathan, der Weise, der aus Babylon zurückkehrt und zu Hause alles andere als Einigkeit, Rausch und Bierseligkeit findet. Stattdessen steht die kühle Vernunft im Vordergrund. Und mit der gilt es, zunächst einmal Töchterchen Recha vom Engelsglauben abzubringen, bevor über alle Glaubensgrenzen und Vorbehalte hinweg Einigkeit herrschen kann – so auch darin, dass Recha gar nicht seine Tochter ist.

Nathan war zu Gast in der Albert-Schweitzer-Schule. Genau genommen das Überall-Theater unter der Leitung von Daniela Mitterlehner und Valentin Hayden. Die Idee der Theatergruppe ist es, professionelles Theater mit ausgebildeten Schauspielern direkt in die Schulen zu bringen, speziell die Dramen, die im Unterricht gelesen werden. Da im Jahrgang 11 der ASS das Thema Aufklärung mit dem Drama „Nathan der Weise“ von Gotthold Ephraim Lessing behandelt wird, bot es sich an, dieses Drama dann auch als Inszenierung auf der Bühne zu erleben. Und in diesen geistigen Genuss kam der gesamte Jahrgang 11 am Freitag, dem 07.06.2024, im Giebelsaal der Schule

Die Schüler verfolgten mit Aufmerksamkeit die Aufführung. Von etwa 60 Minuten Länge, war es eine kurzweilige, schülergerechte, engagiert gespielte, gelungene Aufführung.  Eine Schauspielerin und zwei Schauspieler führten das Drama gekürzt mit den Figuren Nathan, Recha und Tempelherr auf – wobei dank Mehrfachrollen, die mit Witz und Schauspielkunst gespielt wurden, auch der Sultan Saladin und der Richter der Ringparabel auf der Bühne zu bewundern waren.  Das Stück war auf die wichtigsten Aussagen reduziert, dabei aber dennoch ausdrucksstark.

Die Schauspieler nutzten dabei nicht nur die Bühne, sondern gleich den ganzen Saal, wobei auch die Schülerinnen und Schüler mit eingebunden wurden.

Viele der Anwesenden empfanden die Umsetzung als erfrischend anders. Auch die Musikauswahl war bemerkenswert und veranschaulichte unter anderem die Aktualität des Stückes. In einem anschließenden Nachgespräch hatten die Schülerinnen und Schüler die Möglichkeit, Fragen an die Schauspieler zu richten, so etwa zum Stück oder zur Arbeit als Schauspieler, wovon sie eifrig Gerbauch machten.

„Nathan der Weise“ nicht nur im Unterricht zu lesen und die Epoche der Aufklärung im Klassenraum zu erarbeiten – dafür kam die Aufführung gerade recht. Die Resonanz der Elfklässler war meist sehr positiv. Valentino und Nicole aus der 11b übten zwar leichte Kritik: „ Es waren nur drei Schauspieler, und die Musikauswahl war für uns mit Rammstein erst einmal irritierend.“ Noyan aus derselben Klasse lobte hingegen die Kostümierung, die Idee mit dem eher in unsere Zeit verweisenden Bollerwagen und das Bühnenbild und fand die Doppelrolle des Nathan-Schauspielers amüsant. Allgemein beeindruckte die schauspielerische Leistung der Darsteller und die sehr schülernahe Umsetzung.

Im Stück, in der berühmten Ringparabel, heißt es, in 1000 Jahren werde ein anderer Richter kommen und über die Menschen urteilen. Auch viele der Elftklässler richteten über das Stück und das Überall-Theater. Ihr Urteil lässt aber nicht so lange auf sich warten und kam prompt: „Die sollen unbedingt wiederkommen!“

Vh

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