ASS setzt Zeichen gegen Rassismus
Regisseurin Mo Asumang zeigt Dokumentarfilm >Roots Germania< imGiebelsaal der Albert-Schweitzer-Schule/Nienburger Gymnasium nimmt an ‚Internationalen Wochen gegen Rassismus‘ teil.
In einem Lied wird zum Mord an einer bekannten Moderatorin aufgerufen. Was die Schülerinnen und Schüler der 9. Klassen der Albert-Schweitzer-Schule dort auf der Leinwand im Giebelsaal erleben, macht sie sprachlos. Sprachlos war zunächst auch die Regisseurin und im Lied namentlich erwähnte Moderatorin Mo Asumang gewesen. Am Freitag, dem 23.3.2012, führte sie im Giebelsaal der Albert-Schweitzer-Schule vor den neunten Klassen des Gymnasiums ihren 2008 für den Grimme-Preis nominierten Dokumentarfilm >Roots Germania< vor, der seinen Ausgangspunkt in einem rassistisch motivierten Mordaufruf der Neonaziband „White Aryan Rebels“ hatte – und doch nie entstanden wäre, hätte die damals erste dunkelhäutige Moderatorin im deutschen Fernsehen sich einsch
üchtern und zu sprachloser Angst verdammen lassen. Im Rahmen der ‚Internationalen Wochen gegen Rassismus‘ zeigte sie auf Einladung der Schülervertretung der ASS und nach offizieller Begrüßung durch Schulleiter Dr. Ralf Weghöft nun, wie sie sich ihrer Angst und der existentiellen Bedrohung Rassismus stellte, der sie als Tochter eines Ghanaers und einer deutschen Mutter in unterschiedlichen Formen in ihrem Leben ausgesetzt war.
Die ‚Internationalen Wochen gegen Rassismus‘ unter der Schirmherrschaft in Nienburg von Landrat Detlef Kohlmeier fanden in diesem Jahr vom 12. bis 25.3. statt und gehen zurück auf den 21.3.1960, an dem ein Massaker an friedlichen Demonstranten in Sharpeville, Südafrika, verübt wurde. 1966 wurde dieser Tag von den Vereinten Nationen als Gedenktag gewidmet und 1979 entwickelten sich um diesen Gedenktag herum die ‚Internationalen Wochen gegen Rassismus‘, Aktionswochen, während derer durch verschiedene Organisationen und Institutionen Aktivitäten und Veranstaltungen gegen Rassismus stattfinden. Für die ASS als angehende ‚Schule gegen Rassismus‘ hatte die Schülervertretung Frau Asumang eingeladen, um einerseits ihre eindringliche Dokumentation vorzustellen und andererseits anschließend für Fragen zum Film und für eine vertiefende Diskussion zum Thema Rassismus allgemein zur Verfügung zu stehen.
Die Schülerinnen und Schüler der ASS zeigten sich beeindruckt von dem als filmischen Reiseessay angelegten Film, aber auch von der Persönlichkeit Frau Asumangs, deren couragiertes und selbstbewusstes Auftreten vor dem Hintergrund des Filmes umso bewundernswerter ist. Die Angst, die sie als Reaktion auf den Mordaufruf auf der CD >Noten des Hasses< der rechtsextremistischen Band sichtlich erfasst hatte, wandelte sie in Empörung ob des Aufrufes und ob ihrer eigenen Angst um. Der Film demonstriert dabei, wie sie nicht nur die Ideologie von Neonazis in ihrer Menschenverachtung und gefährlichen Unreflektiertheit entlarvt, sondern als sogenanntes ‚Mischlingskind‘ einer deutschen Mutter aus Kassel und eines Vaters aus Ghana ihre Wurzeln erforscht und zugleich das Gemeinsame zweier scheinbar so unvereinbarer Kulturen, die in ihr jeweils nur das Fremde wahrzunehmen neigten. Im Laufe dieser Identitätssuche und –verteidigung wird aus ihrer ursprünglich sprachlosen Angst ein bild- und sprachgewaltiges Dokument, dessen Aussagekraft Gültigkeit über den persönlichen Fall Frau Asumangs hinaus hat.
In der anschließenden Diskussion galt das Interesse der Schülerinnen und Schüler insbesondere alltäglich wiederkehrenden Vorbehalten gegen das Fremde wie auch offenem Rassismus im Lebensweg der Regisseurin. So berichtete die in Kassel geborene Deutsche von Äußerungen wie ‚Ach, Du hast ja tolle Haare‘ oder Fragen nach ihrer Herkunft genauso wie von dem Vermieter, der ihre Mutter als Mieterin mit einem ‚schwarzen‘ Kind nicht in seinem Haus duldete. Der Blick der Schülerinnen und Schüler richtete sich jedoch auch auf Formen des Rassismus in ihrer Lebenswelt im heutigen Deutschland allgemein. Im persönlichen Verhalten wie auch in der politischen Auseinandersetzung darauf engagiert zu reagieren und sich für ein tolerantes, menschenfreundliches Miteinander einzusetzen, dokumentierten die ASSler in ihren Wortbeiträgen. Rassismus und Antisemitismus in seinen unterschiedlichen Formen – sei es rechtsextreme Gewalt wie in der kürzlich aufgedeckten ‚NSU‘-Mordserie oder oft als Israelkritik getarnter Antisemitismus auf der extremen Linken – will die ASS auch künftig Bildung und Aufklärung entgegensetzen. Und das ist ein Anliegen über diesen als Erfolg zu wertenden Tag der Aufführung von ‚Roots Germania‘ hinaus.
Thomas Volkhausen