Weit mehr als Brot und Bratwurst!

Amerikanische Gastschüler an der ASS kehren nach 3 Wochen zurück nach New Mexico/ Schüleraustausch der ASSfeiert 30-jähriges Jubiläum und stiftet neue Freundschaften

 

Der Abschied von ihren amerikanischen Gastgeschwistern fiel den ASSlern sehr schwer.

Der Abschied von ihren amerikanischen Gastgeschwistern fiel den ASSlern sehr schwer.

„Die gesamte Zeit wird mir immer in Erinnerung bleiben. Ich habe alle Amerikaner in mein Herz geschlossen und werde alle vermissen!“ Kann man sich Schöneres als Fazit einer Begegnung von Jugendlichen unterschiedlicher Länder und Kulturen wünschen als dieses? Die Begegnung, das war der Gegenbesuch von 12 amerikanischen Schülerinnen und Schülern und 2 Lehrern der Arrowhead Park Early College High School in Las Cruces, New Mexico. Zu Gast waren diese vom 22. Mai bis 11. Juni an der ASS im Rahmen des seit 30 Jahren bestehenden Schüleraustausches des Nienburger Gymnasiums mit High Schools in Las Cruces als Teil des German-American Partnership Program (GAPP).

Und diese Zeit in Nienburg – das waren 3 Wochen in den liebevollen Nienburger Gastfamilien mit ihren Austauschpartnern, das war Unterrichtsalltag an einem deutschen Gymnasium, der ASS, das war Nienburg und Umgebung, beschauliche Ländlichkeit und aufregende Stadtimpressionen.

Fremde Kulturen kennen und deren Besonderheiten verstehen lernen – das war eines der Hauptziele des Austauschs. Schon die ASSler hatten letzten Herbst bei ihrem Besuch in Las Cruces erfahren, dass Fernsehkenntnisse über die U.S.A.  wirkliche Erfahrungen nicht ansatzweise ersetzen können (>Die Harke< berichtete). Die Amerikaner ihrerseits aus dem südwestlichen U.S.-Bundesstaat New Mexico stellten schnell fest, dass sie mit Deutschland, ja, mit Nienburg, geradezu Neuland betraten.  Und das war für sie in erster Linie grün: Wälder, satt-grüne Weiden, üppige Flussauen – in Las Cruces ist man eher von der Chihuahua-Wüste geprägte bräunlich-karge Ebenen und schroffe Bergwände der Organ Mountains gewohnt.

Auch kulinarisch war es für den einen eine Gratwanderung, für den anderen ein Gipfelfest – und das im flachen Niedersachsen. 'German food really seems to be all about bread and bratwurst' ('Deutsche Küche scheint sich wirklich um Brot und Bratwurst zu drehen.') – entfuhr es einer Schülerin.  Aber das war nur der erste Eindruck, denn das Spargelmenü ließ nicht lange auf sich warten. Warmes Mittag- statt Abendessen, ein reichhaltiges und gemeinsames Frühstück statt des schnellen, morgendlichen Griffs in den Kühlschrank– feste Essgewohnheiten der Amerikaner wurden ganz schön durcheinandergewirbelt. Und immer wieder Brot, sogar mit Kruste! Die amerikanischen Lehrer stellten gar fest, dass die deutsche Küche nicht nur aus dem Doppel-B 'Brot und Bratwurst' bestand, sondern noch aus einem dritten B in flüssiger Form – was wenig Fremdeln hervorrief und zur interkulturellen Verständigung beitrug.

Zur Kultur gehört natürlich auch die Sprache –   und schon der amerikanische Schriftsteller Mark Twain bemerkte in seiner Rede über Die Schrecken der deutschen Sprache augenzwinkernd: „Mein Herz ist voller Dankbarkeit, aber meine Armut an deutschen Worten zwingt mich zu großer Sparsamkeit des Ausdruckes.“ Deutsch als Fremdsprache hat es nun einmal in einem Bundesstaat, der nahe Mexiko liegt, sehr schwer, Spanisch ist hier erste Fremdsprache. Und an der Arrowhead Park Early College High School gab es bisher noch gar kein Deutschprogramm, so dass sich die 12 Schüler über einen Onlinekurs und einen neuen, mehrmonatigen Deutschkonversationskurs an der Schule Sprachkenntnisse aneigneten. Auch wenn Gespräche in den Familien, mit den Gastschülern oder an der Schule meist auf englisch geführt wurden, zeigten sich die Amerikaner sehr fasziniert von Ausdruck und Klang des Deutschen. Während Mark Twain Erschrecken vorgab, entdeckte so mancher der Schüler seine Zuneigung zum Deutschen. Schnell gab es Lieblingswörter: „Kugelschreiber“ gehörte dazu, ebenso „Kuh“, dessen Klang die Schülerin Jennifer geradezu in Entzücken versetzte. Natürlich faszinierten sie noch ganz andere deutsche Ausdrücke, gegen deren Abdruck sich dieses Papier aber sträubt, würden sie manchen Zeitgenossen doch in wirklichen Schrecken versetzen.

Neuland betreten heißt auch, Neuland zu erforschen. Dazu hatten die Lehrer Tracy Bennett und Jeff Johnson mit ihren 12 Schülern und den deutschen Schülern reichlich Gelegenheit – zu Lande, zu Wasser, zu Fuß und auf dem Rad, im Auto und auf der Schiene. Am Himmelfahrtstag veranstalteten der Schulleiter der ASS, Dr. Weghöft, zusammen mit Lehrer Thomas Volkhausen eine Radtour, die die Gruppe durch das schöne Umland Nienburgs und an die Weser führte. Die Amerikaner bemerkten dabei, dass Nienburgs Umland flach, aber nicht immer eben ist, jedenfalls auf solchen Wegen, die aus anderen Gründen schwankende 'Väter' mit Bollerwagen eher selten ansteuern. In Nienburg führte die Amerikaner mancher Weg zu Geschichtlichem und Sehenswertem bis hinauf auf den Kirchturm von St. Martin, beim Bürgermeister konnten sie sich sogar ins 'Goldene Buch der Stadt' eintragen. Hamburg wurde dann per Wassertaxi und dem Barkassenschiff Nina erkundet, wobei die Fahrt durch die Speicherstadt und der Anblick der Elbphilharmonie sicher zu den eindrucksvollsten Erlebnissen zählte. Beeindruckt zeigten die amerikanischen Gäste sich auch vom Zoo Hannover – dass einem hier Känguruhs über den Weg hüpfen würden, kannten die Amerikaner aus amerikanischen Zoos nicht. Im Bremerhavener 'Auswandererhaus' schlüpften die Gastschüler dagegen  in die Rolle von Emigranten. „Hier entwickelten einige richtigen Forschergeist und wurden sich ihrer familiären Wurzeln bewusst“, freute sich Lehrer Mirko Prasse, der die Gruppe nach Bremerhaven begleitete. Per ICE ging es zudem auf eine 5-tägige Berlinfahrt, auf der sie eine exklusive Reichstagsführung erhielten und von der Museenvielfalt der Hauptstadt begeistert waren.

Eigentlicher Kern des Austauschs war aber der Kontakt zwischen den deutschen und amerikanischen Schülern. So profitierten viele deutsche Schüler an der ASS von der Anwesenheit der Amerikaner, hielten diese doch im Unterricht Vorträge über ihre Heimat und standen für Interviews Rede und Antwort. Und besonders die Austauschpartner entwickelten sich in den meisten Fällen regelrecht zu neuen Geschwistern, die über den Musikgeschmack, Hobbys und Ansichten schnell viel Verbindendes über die doch recht unterschiedlichen Kulturen hinweg entdeckten.

Die GAPP-Koordinatoren Mirko Prasse und Thomas Volkhausen zogen ein sehr positives Fazit: „Es war eine tolle Begegnung, pünktlich zum 30jährigen Jubiläum des Austauschs. Und im kommenden Jahr fährt schon die nächste deutsche Gruppe Schüler nach Las Cruces – und eine Delegation der Stadt Nienburg mit dem Bürgermeister, denn dann feiert die Städtepartnerschaft Nienburg-Las Cruces 25jähriges Jubiläum.“

Das Schlusswort soll aber denen gehören, um die es beim Austausch eigentlich geht, den Schülern, in diesem Fall der Amerikanerin Rosie, die sich für die Gastfreundschaft und die tollen Erfahrungen in Deutschland bedankt: „I want to give a big thank to the A.S.S. staff and students (=Lehrer und Schüler) for being so welcoming and kind. Germany is full of life and beauty. Such a blessing to have this.“

Besonderer Dank gilt an dieser Stelle auch der Werner-Ehrich-Stiftung, der Bürgerstiftung, der Ernst-Stewner-Stiftung und dem Verein  Nienburg – Freundschaften weltweit, die den Schüleraustausch auch anlässlich des Gegenbesuchs großzügig unterstützt haben.

Vh

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